Full text: Erster Band (1. Band)

Erster Abschnitt: Chronik des Centralverbandes. 263 
das Gewicht des Centralverbandes dadurch zu vermehren, daß ihm 
die Rechte einer juristischen Person verliehen würden. Zur Aus— 
führung dieses Gedankens war eine Aenderung der Statuten er— 
forderlich, mit welcher sich die Ausschußsitzung vom 19. und die 
Delegirtenversammlung vom 20. Februar 1895 beschäftigte.“) Die 
vorgeschlagenen Aenderungen waren nur formeller Art. Nur in dem 
einem Punkt sollte auch materiell von den bisherigen Bestimmungen 
abgewichen werden, daß die Delegirtenversammlung berechtigt 
werden sollte, nicht, wie bis dahin, bis zu fünf, sondern bis 
zu sieben Mitgliedern in das Direktorium zu wählen. Der 
vorgelegte Entwurf für die Aenderung der Statuten wurde von 
der Versammlung mit der Maßgabe angenommen, daß bis zur 
Ertheilung der Rechte einer juristischen Person an den Central— 
verband die alten Statuten in Kraft bleiben sollten. 
Der betreffende, an das Königliche Polizeipräsidium gerichtete 
Antrag des Direktoriums wurde merkwürdigerweise von dieser 
ersten Instanz abgelehnt. Der Ausdruck „merkwürdigerweise“ ist 
insofern hier berechtigt, weil im Laufe der Zeit anderen industriellen 
Vereinigungen die erwähnten Rechte anstandslos ertheilt worden 
waren. Es hätte nun nahe gelegen, den Anspruch bei den höheren 
Instanzen zu verfolgen; das Direktorium verzichtete jedoch darauf 
aus folgenden Gründen. Neben den die Handelspolitik des 
Deutschen Reiches betreffenden Fragen stand, wie bereits bemerkt, 
die Regelung der Arbeiterverhältnisse im Vordergrund der öffent— 
lichen Erörterung. Hierbei war die bereits Anfang der 70er Jahre 
im Reichstag lebhaft verhandelte Frage, ob den Mbeiter— 
vereinigungen die Korporationsrechte zu ertheilen seien, wieder her— 
vorg etreten, und es hatte sich über sie ein lebhafter Kampf entsponnen. 
Die mehr sozialistisch angehauchten Politiker in den bürger— 
lichen Parteien begünstigten die von den Sozialdemokraten auf— 
gestellte Forderung, daß die Arbeitervereinigungen mit dem Rechte 
einer juristischen Person ausgestattet werden sollten, eine Forderung, 
die von dem Centralverband lebhaft bekämpft wurde. Im Hinblick 
auf diesen ernsten Kampf mußte das Direktorium sich sagen, daß 
es nicht gut angängig sei, den Arbeitern ein Recht zu versagen, 
das von einer großen Vereinigung von Arbeitgebern für sich in 
Anspruch genommen würde. Außerdem war zu erwarten, daß die 
) Verhandlungen ꝛc. Heft 66.
	        
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