Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 315 
zu unterstützen suche. Sie handle von dem durch die Erfahrung 
bestätigten richtigen Standpunkt aus, daß solche direkte Be⸗ 
lastung der Staatskasse in vielfach höherem Betrage dem allgemeinen 
Wohlstande Frankreichs direkt und indirekt wieder zugute kommen 
müsse, weil die dadurch dem Lande zufallenden Gesammtproduktions— 
kosten, welche stellenweise fast die ganze Höhe des Produktions— 
werthes betrügen, demselben verblieben. Dagegen konstatirte er, 
daß in Deutschland meistens der ganz entgegengesetzte Weg ein⸗ 
geschlagen werde. Er verwies beispielsweise auf die große 
Ungleichheit in den Zöllen, auf die äußerst nachtheilig wirkenden 
Differenzialtarife der Eisenbahnen, den 20prozentigen Frachtzuschlag, 
der die deutsche Industrie ungemein schwer betroffen habe, auf den 
Mangel an Kanälen und Wasserstraßen zwischen Ost⸗ und West—⸗ 
deutschland, auf die soziale Gesetzgebung, von der die deutsche 
Produktion ganz erheblich belastet werde, auf die in Deutschland 
üblichen steuerfreien Lager in Privathäusern, die vielfach ge— 
mißbraucht würden, und auf die Zwitterstellung der Hansestädte 
Hamburg und Bremen. 
Haßler-Augsburg erklärte, daß die Baumwoll-⸗-Interessenten 
auf den von ihnen in Leipzig gestellten Zollpositionen beharrten, 
besonders mit Rücksicht auf eine Aenderung des österreichisch⸗ 
deutschen Vertrages und die Einwirkung desselben auf den deutsch⸗ 
französischen Vertrag. Im Hinblick auf die Forderungen der 
Kattundruckereien erachtete er die Erhaltung des Veredelungs— 
verkehrs für nothwendig. 
Alle diese Referate und Aeußerungen dienten einer später 
abgefaßten Denkschrift über den deutsch-österreichischen Handels⸗ 
vertrag zur Grundlage. 
Die auf die Zoll- und Handelsvertragspolitik des Reiches 
bezüglichen, in Leipzig und Bremen gefaßten Beschlüsse des Central— 
verbandes waren unverkennbar aus der Ueberzeugung hervor— 
gegangen, daß die autonomen, ohne Gegenleistung anderer Staaten 
vorgenommenen Zollermäßigungen und Zollaufhebungen nach Lage 
der allgemeinen Verhältnisse nicht gerechtfertigt waren und dem— 
gemäß das deutsche Wirthschaftsleben ernstlich geschädigt hatten. 
Daß die für den deutschen Außenhandel wichtigsten Nachbarstaaten 
nicht geneigt waren, eine ähnliche Handelspolitik zu verfolgen, hatte 
sich bereits bei dem Friedensschluß mit Frankreich gezeigt. Bei 
diesem hatte Bismarck zunächst die Absicht verfolgt, einen neuen
	        
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