2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 3631 
In namentlicher Abstimmung wurde der Entwurf mit 211 
gegen 111 Stimmen abgelehnt. Hierauf zog auch Dr. Grothe 
seinen Antrag auf die Wiedereinführung eines Roheisenzolles zurück. 
Mit welcher Verbissenheit die Mehrheit des Reichstages jede Sache 
behandelte, die auch nur den Anschein erwecken konnte, als wenn 
sie geeignet wäre, die Wünsche und die für sie angeführten Gründe 
der Schutzzöllner zu beachten, geht aus dem Umstande hervor, daß 
der Antrag des Abgeordneten Windthorst, die sämmtlichen ein— 
gegangenen Petitionen dem Reichskanzler auch nur zur Kenntniß 
zu überweisen, gleichfalls abgelehnt wurde. 
Der Antrag Varnbüler und Genossen auf Untersuchung der 
Produktions- und Absatzverhältnisse der deutschen Industrie und 
Landwirthschaft kam in der 32. Sitzung des Reichstages vom 
28. April 1877*) zur Verhandlung. Nach langen Erörterungen 
zog der Mitantragsteller Dr. Buhl den Antrag mit Rücksicht auf 
die entgegenkommende Erklärung und Zusage des Staatsministers 
Hoffmann zurück. Der Antrag wurde von dem Abgeordneten 
Rickert wieder aufgenommen, um einem der hervorragendsten Führer 
der Freihandelsbewegung, Dr. Braun-Wiesbaden, dem ständigen 
Vorsitzenden der Volkswirthschaftlichen Kongresse, zum Worte zu 
verhelfen. In der somit wieder eröffneten Debatte stellte Staats⸗ 
minister Hoffmann in Abrede, dem Antrage Varnbüler gegen— 
über Zusagen gemacht oder sich entgegenkommend gezeigt zu haben; 
er habe nur gesagt, daß, je nach dem Verlauf der Verhandlungen 
mit Oesterreich, eine Enquete über bestimmte Spezialfragen von 
der Regierung wohl noch vorgenommen werden könnte. Darauf 
zog auch Rickert den Antrag zurück, und damit war die Sache 
erledigt. 
Somit waren alle Versuche der Eisenindustrie, eine, wenn 
auch nur unzureichende Erleichterung zu erwirken, an der Mehr— 
heit des Reichstages gescheitert. Von dieser war auch die Forderung, 
eine Enquete über die Lage der Industrie anzustellen, unbedingt 
zurückgewiesen worden. Diese entschiedene Haltung des Reichstages, 
der gegenüber auch die Vertreter der Regierung sich nur schwankend 
und schwächlich gezeigt hatten, rief eine tiefe Erregung in der 
Industrie hervor. Sie bethätigte sich in dem starken Besuch 
der vom Centralverband veranstalteten Generalversammlung in 
* Ebenda S. 854.