Full text: Erster Band (1. Band)

334 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
deutschen Volkes mit dem größten Theile der Presse glaubte in 
Freiheit sich zu baden, wenn sie von Freihandel sprach. Von 
dieser großen Masse des Volkes wurde der Freihandel als eine 
Abschlagszahlung auf die politische Freiheit eben so schnell als fast 
gedankenlos gleich einem Dogma aufgenommen, und so konnte es 
kommen, meine Herren, daß in verhältnißmäßig kurzer Zeit im 
öffentlichen Leben kein Platz mehr für eine andere Ansicht vorhanden 
war; so konnte es kommen, daß einer der hervorragendsten Vertreter 
der freihändlerischen Richtung noch im letzten Herbst im Reichstag 
ausrufen konnte: „Man giebt jetzt die eigentliche Schutzzolltheorie 
preis. Natürlich, mit diesen Mitteln läßt sich nichts mehr machen. 
Niemand wagt mehr heute das alte Lied vom Schutzzoll vor— 
zubringen; es ist nicht mehr möglich; es giebt keine Schule mehr, 
keinen Lehrer, keine Doktrin mehr, in Deutschland wenigstens, die 
den Schutzzoll verträte.“ 
Der Referent schilderte dann die Zeit der Handelsverträge 
und, wie die Freihandelslehre eine allmähliche Stütze und Förderung 
in dem Umstande gefunden habe, daß sich während jener Zeit eine 
Aera steigender Wohlfahrt, wachsender Prosperität und in ungeheuren 
Zahlen steigenden Verkehrs entwickelt habe, und wie diese großartige 
Bewegung von den Vertretern des Freihandelsprinzipes ausschließlich 
und ganz allein als eine Folge des mehr und mehr zur Ausführung 
gelangten Freihandels in Anspruch genommen worden sei. Solche 
Ansichten seien noch in den letzten Verhandlungen des Reichstages 
scharf zum Ausdruck gekommen. 
„Wer wollte sich unterfangen,“ so fuhr der Referent fort „die 
Thatsache dieses ungeheuren Aufschwunges zu leugnen! Wenn wir 
aber erwägen, daß in diese Periode des Aufschwunges, also in die 
letzten 20 bis 30 Jahre, die intensivste und allgemeinste Verbreitung 
und Anwendung der Dampfkraft auf allen wirthschaftlichen Gebieten 
fällt, daß in dieser Periode unsere hauptsächlichsten Verkehrsmittel, 
die Telegraphie, die Dampfschifffahrt, das Eisenbahnwesen, aus der 
Stufe der Kindheit sich zu einer gewissen abgeschlossenen Voll— 
kommenheit entwickelt haben, das Eisenbahnwesen, meine Herren, 
welches allein genügt, die wirthschaftliche Physiognomie eines Landes 
in einem Jahrzehnt mehr zu verändern, als es vorhergehende 
Jahrhunderte imstande gewesen (sehr wahr!); wenn Sie weiter 
bedenken, daß in dieser Periode eine freiere politische Bewegung 
den meisten Kontinental-Staaten gegeben wurde, wenn Sie an—
	        
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