852 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Aufhören mancher Verkehrserleichterungen, der stabilen Grundlage
für die industriellen und Handelsverhältnisse, sehr bald solche Unzu⸗
träglichkeiten herbeiführen wird, daß die Erneuerung des jetztabgestreiften
Vertragsverhältnisses von beiden Seiten mit erneuter Kraft gesucht
werden wird.“ Vei einem vertragslosen Zustande würde sich
Deutschland in vortheilhafterer Lage befinden. Durch den Fort—
fall des Zollkartells würde dem Schmuggel nach Oesterreich
Vorschub geleistet werden. „Wir haben ihr (er österreichischen
Finanzwirthschaft) schon bisher durch diese Hilfe einen werth—
vollen und einseitigen Vortheil gewährt, der natürlich um so
größer werden würde, je größer die österreichischen Eingangszölle
sind. Wir werden vielleicht nicht ungern unserem Verkehr auf
Umwegen Erleichterungen zugewendet sehen, welche auf legalem
Wege nicht erreichbar sind. Wer die schlesisch-böhmische Grenze
kennt, weiß, wie trefflich dieselbe für den Schleichhandel geeignet
ist, und die österreichische Finanzverwaltung wird bald einsehen,
daß eine Erhöhung der Zolleinnahmen aus einer Erhöhung der
Zölle nicht zu resultiren braucht.“ Mit Bezug auf den eventuell
eintretenden Zollkrieg wollte der Referent bestimmte Vorschläge
über die Oesterreich gegenüber von Deutschland einzuführenden
Retorsionen nicht machen. Es sei auch nicht nothwendig, Er—
schwerungen des Verkehrs eintreten zu lassen und Oesterreich
ungünstiger als andere Länder zu behandeln. Niemand könne
ein größerer Gegner sogenannter Kampfzölle sein als er, denn sie
seien zweischneidige Schwerter, sie seien jedoch nicht unter allen
Umständen zu verwerfen. Referent gab schließlich die Hoffnung
auf das Zustandekommen des Vertrages nicht auf und glaubte,
daß die Annahme seiner Thesen dazu beitragen würde. Er ersuchte
seine Freunde um Annahme derselben und erinnerte seine Gegner
(die Schutzzöllner) an die schwere Verantwortlichkeit, die sie auf
ihr Gewissen laden würden, wenn sie durch ihr Verhalten den
Handelsvertrag zwischen Deutschland und Oesterreich zum Scheitern
bringen sollten. Der Referent brachte folgende Thesen ein:
1. In einem neuen Handelsvertrage mit Oesterreich-Ungarn
darf Deutschland nicht ungünstiger gestellt werden als bisher.
Insbesondere muß der Veredelungsprozeß (das Appreturverfahren)
in demselben Umfange wie bisher beibehalten werden.
Beide Staaten sichern sich alsdann die Rechte der meist—
begünstigten Nation zu.