Full text: Erster Band (1. Band)

374 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Feststellung der handelspolitischen Wege und Ziele der Reichs— 
regierung in den Bereich seiner Verhandlungen zöge. Die unter— 
zeichneten Reichstagsmitglieder geben dem Bedauern Ausdruck, daß 
ein solches Vorgehen nicht möglich war, weil der Zweck der dies— 
maligen Zusammenberufung des Reichstages lediglich der Beschluß— 
fassung über das Sozialistengesetz galt, und weil die Erhebungen 
über die wirthschaftliche Lage und die Lebensbedingungen mehrerer 
der wichtigsten Gewerbszweige Deutschlands noch nicht abgeschlossen 
sind. Um aber dem Mißverständniß vorzubeugen, daß es in der 
Vertretung des deutschen Volkes an dem nöthigen Interesse für 
berechtigte handelspolitische Forderungen des Landes und an dem 
festen Willen fehle, diese Forderungen zur Geltung zu bringen, 
halten wir uns zu der Erklärung verpflichtet, daß wir lediglich aus 
den angedeuteten Gründen während der gegenwärtigen Session die 
vom Lande erwartete Anregung nicht gegeben haben und nicht 
geben konnten, daß wir aber angesichts der Handelspolitik der 
meisten Deutschland umgebenden Länder — in Erkenntniß der den 
Volkswohlstand schädigenden Mängel des deutschen Zolltarifs und 
bei Fortdauer der auf der Gewerbsthätigkeit und Landwirthschaft 
lastenden Krisis — eine auf das Resultat sorgfältiger Prüfungen 
und sachgemäßer Abwägungen gestützte Reform des deutschen 
Zolltarifs für nothwendig halten und demgemäß entschlossen sind, 
für dieselbe in der nächsten ordentlichen Session des Deutschen 
Reichstages einzutreten. Obschon von verschiedenen handels— 
politischen Gesichtspunkten ausgehend, finden sich die Unterzeichneten 
doch in dem Grundgedanken vereint, daß die schwierigen Fragen 
der deutschen Handelspolitik nicht lediglich nach den Schlagwörtern 
von Freihandel und Schutzzoll gelöst werden können, daß es viel— 
mehr entschieden darauf ankommt, die wirklichen und vermeintlichen 
Gegensätze der Interessen mit Sachkenntniß, Umsicht und Vaterlands— 
liebe auszugleichen.“ 
Jetzt begann auch Bismarck die Verfolgung seiner wirth— 
schaftlichen Pläne mit der ihm eigenen Energie. Unter dem 
19. Oktober 1878 hatte der Reichstagsabgeordnete Freiherr 
von Varnbüler in einem Schreiben an den Reichskanzler die 
Frage gestellt, ob es die Absicht sei, dem Reichstag bei seiner 
nächsten Session den Entwurf eines revidirten Zolltarifes vorzu— 
legen und ob die Reichsregierung, bevor dies geschehe, einen neuen
	        
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