Full text: Erster Band (1. Band)

384 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
örtlicher Entfernung der Marktplätze von einander bedingt werden, 
kann ein Zoll, der etwa 5 bis 10 pCt. vom Werth der Waare 
beträgt, nur einen verhältnißmäßig geringen Einfluß auf den Kauf⸗ 
preis üben. Andere Momente, wie die Ungleichheiten der Fracht⸗ 
sätze bei den Differenzialtarifen der Eisenbahnen, wirken in dieser 
Beziehung viel einschneidender vermöge der Einfuhrprämie, die sie 
dem Auslande, oft zum vielfachen Betrage jedes vom Reich aufzu— 
legenden Zolls, auf Kosten der deutschen Produktion gewähren. 
Ich bin deshalb auch der Ueberzeugung, daß mit der Revision der 
Grenzzölle eine Revision der Eisenbahntarife nothwendig Hand in 
Hand gehen muß. Es kann auf die Dauer den einzelnen Staats— 
und Privat-Eisenbahnverwaltungen nicht die Berechtigung verbleiben, 
der wirthschaftlichen Gesetzgebung des Reichs nach eigenem Ermessen 
Konkurrenz zu machen, die Handelspolitik der verbündeten Re— 
gierungen und des Reichstags nach Willkür zu neutralisiren und 
das wirthschaftliche Leben der Nation den Schwankungen auszu⸗ 
setzen, welche im Gefolge hoher und wechselnder Einfuhrprämien 
für einzelne Gegenstände nothwendig eintreten. 
„Die Rückkehr zu dem Prinzip der allgemeinen Zollpflicht ent— 
spricht der jetzigen Lage unserer handelspolitischen Verhältnisse. 
Nachdem der Versuch, mit Oesterreich-Ungarn einen neuen Tarif⸗ 
vertrag zu vereinbaren, respektive den bisherigen zu prolongiren, 
gescheitert ist, sind wir (abgesehen von den in den Verträgen mit 
Belgien und der Schweiz enthaltenen Tarifbestimmungen), in das 
Recht selbständiger Gestaltung unseres Zolltarifs wieder eingetreten. 
Bei der bevorstehenden Revision des Zolltarifs kann nur unser eigenes 
Interesse maßgebend sein. Dieses Interesse wird vielleicht demnächst 
zu neuen Verhandlungen über Tarifverträge mit dem Ausland 
führen. Sollen aber solche Verhandlungen mit der Aussicht auf 
einen für Deutschland glücklichen Erfolg begonnen werden, so ist 
es nöthig, vorher auf dem autonomen Wege ein Zollsystem zu 
schaffen, welches die gesammte inländische Produktion der aus— 
ländischen gegenüber in die möglichst günstige Lage bringt. 
„Dem Bundesrath stelle ich ergebenst anheim, die vorstehenden 
Bemerkungen der Kommission, welche behufs Revision des Zoll— 
tarifs zufolge des Beschlusses vom 12. d. M. eingesetzt wird, zur 
Erwägung gefälligst überweisen zu wollen.“ 
Der Bundesrath hatte auf Antrag des Fürsten Bismarck 
am 1. Juni 1878 beschlossen:
	        
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