Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 389 
etwa 5 Millionen Baumwollenspindeln besitzt, so wird man sich der 
Erwägung nicht verschließen können, daß der Schutz des heimischen 
Marktes vor den Ueberfluthungen auswärtiger Ueberspekulationen 
angestrebt werden muß. 
„Aehnlich wie in der Baumwollenindustrie liegen auch die 
Verhältnisse bei der Eisenproduktion und in anderen Industrie— 
zweigen. Nimmt man mit Recht an, daß die Stahlerzeugung das 
Ziel und der Höhepunkt der Eisenindustrie ist, so ist Deutschland 
auf diesem Gebiete selbst von Frankreich schon überflügelt, denn 
Frankreich produzirte im Jahre 1877 etwa 262 000 Tons, während 
Deutschland nur 4,87 Millionen Centner oder 243500 Tons 
Stahl erzeugte. 
„Die deutsche Industrie hat von Anfang an die Bestrebungen 
der hohen Reichsregierung um Niederkämpfung der sozialdemokratischen 
Umsturzpartei mit Freuden begrüßt und denselben ihre volle Unter— 
stützung zutheil werden lassen. Die deutschen Unternehmer werden 
auch sicherlich gern bereit sein, den Bemühungen um Aufbesserung 
des Looses der Arbeiter bereitwilligst entgegenzukommen, und die 
Erfahrung dürfte aufs neue den Beweis liefern, daß das gegen— 
wärtig herrschende Lohnsystem einen bedeutenden Spielraum für 
die Aufbesserung der arbeitenden Klassen gewährt. Allein die erste 
Voraussetzung hierzu ist immer die Steigerung des National— 
einkommens überhaupt, und ohne eine vorsichtige und die Interessen 
des vaterländischen Gewerbefleißes begünstigende Regelung der 
internationalen Verkehrsbeziehungen ist an eine Steigerung des 
Volkseinkommens nicht zu denken. 
„Würde es nicht gelingen, bis zum 31. Dezember d. J. ein 
neues Abkommen mit Oesterreich-Ungarn zu treffen, so würde der 
für die deutsche Industrie in mehrfacher Beziehung sehr ungünstige 
neue autonome österreichisch-ungarische Tarif in Kraft treten, 
während, da der deutsche Vertrags- und Konventionaltarif fast 
durchgehends übereinstimmt, die österreichische Industrie in der Lage 
wäre, nach wie vor ohne jede Erschwerung die Einfuhr ihrer 
Waaren nach Deutschland fortsetzen zu können. 
„Bei solcher Sachlage dürfte kaum etwas übrig bleiben, als 
dahin zu wirken, daß das bisherige Vertragsverhältniß mit 
Oesterreich-Ungarn bis zum 1. Juli nächsten Jahres verlängert und 
die Zwischenzeit zur schleunigsten Aufstellung eines autonomen 
Tarifs benützt werde.
	        
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