398 H. A Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Die Kommission der Baumwoll- und Leinenindustrie trat
im Laufe des Monats Juni 1878 zusammen und stellte ein Pro—
gramm für ihre Arbeiten auf, das dem Bundesrath unter dem
15. August 1878 vorgelegt wurde. Sie hielt hierauf vom 9. Novem—
ber bis zum 21. Dezember im ganzen 35 Sitzungen ab, in denen
121 Sachverständige vernommen wurden. Von diesen gehörten
75 der Baumwoll-, 39 der Leinen- und 7 der Jute-Industrie an.
Der 211 Folioseiten umfassende Bericht der Kommission wurde
dem Bundesrath unter dem 26. Februar 1879 erstattet.
Die Vernehmung der Sachverständigen rief in beiden Kom—
missionen einen fortgesetzten, äußerst heftigen Kampf zwischen den
freihändlerisch gesinnten und den für den Schutz der nationalen Arbeit
eintretenden Mitgliedern hervor. Das ganze Ergebniß der Enquete
hing davon ab, wie und was die Sachverständigen gefragt wurden.
Die gestellten Fragen konnten ebensowohl zur Klarlegung der Zu—
stände in den betreffenden Industrien und zur Ermittelung der
Wahrheit wie zur Verschleierung und Verdunkelung der thatsäch—
lichen Verhältnisse beitragen. Die wirkliche Sachlage so in die
Erscheinung treten zu lassen, daß dadurch die Richtigkeit der seit
1862 von den deutschen Regierungen verfolgten Zoll- und Handels⸗
politik erwiesen werden könnte, war das unausgesetzte, hartnäckig
und mit großem Geschick verfolgte Streben der freihändlerischen
Mitglieder der Kommissionen. In der Kommission für die Eisen—
industrie hatten diese Aufgabe der Konsul H. H. Meier⸗Bremen
und mit ganz besonderer Zähigkeit der Geheime Oberregierungs—
rath Huber, später Unterhändler der Deutschen Reichsregierung
für den Abschluß des Handelsvertrages mit Oesterreich, übernommen.
In der Kommission für die Textilindustrie war in demselben Sinne
hauptsächlich thätig der Geh. Kommerzienrath Heimendahl, Präsident
der Handelskammer Krefeld. Ungemein unterrichtet, in jeder Be—
ziehung äußerst gewandt und geschickt, führte er mit allen ihm zu
Gebote stehenden Mitteln, ohne Rücksicht auf irgend welche anderen
Interessen, lediglich für die Krefelder Halbseiden-Industrie den
Kampf gegen die Garnzölle.
Diesen Vertretern des radikalen Freihandels traten in der
Eisenindustrie der Geh. Kommerzienrath Stumm, kräftig unter—
stützt von dem bayerischen Staatsrath von Schloer, in der
Kommission für die Textilindustrie in erster Reihe Theodor
Haßler, unterstützt vom Kommerzienrath Dr. Websky und