Full text: Erster Band (1. Band)

400 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Es handelte sich darum, die drückendsten Steuern durch 
andere zu ersetzen und außerdem der gesammten wirthschaftlichen 
Thätigkeit diejenige Unterstützung zu gewähren, welche ihr durch 
Steuern und Zollgesetzgebung zu verschaffen möglich war und im 
Auslande, vielleicht über das Bedürfniß hinaus, durch die gleiche 
Gesetzgebung gewährt wurde. „Ich halte es für meine Pflicht,“ 
so hieß es in der Thronrede, „dahin zu wirken, daß wenig— 
stens der deutsche Markt der nationalen Produktion so weit er— 
halten werde, als dies mit unserem gesammten Interesse verträglich 
ist, und sich demgemäß unsere Zollgesetzgebung den bewährten 
Grundsätzen wiederum nähere, auf welchen die gedeihliche Wirk— 
samkeit des Zollvereins fast ein halbes Jahrhundert beruht hat 
und welche in unserer Handelspolitik seit dem Jahre 1865 in 
wesentlichen Punkten verlassen worden ist. Ich vermag nicht zu 
erkennen, daß thatsächliche Erfolge dieser Wendung unserer Zoll— 
politik zur Seite gestanden haben.“ 
Am 20. Februar*) bot sich den Freihändlern die Gelegenheit, 
ihre Ansicht zu diesen Stellen der Thronrede darzulegen. Sie 
schickten die berufensten Vertreter des Freihandels, Richter-Hagen, 
Dr. Witte-Rostock, Bamberger, Dechelhäuser und Delbrück, 
ins Gefecht; diesen traten die Abgeordneten Dr. Hammacher, 
von Kardorff und besonders energisch Stumm entgegen. Dieser 
verwies die Freihändler, die jetzt das Interesse der Industrie an 
der Stabilität der Zollpolitik, nach ihrer Meinung also das Fest— 
halten an dem durch die Zollermäßigungen und Beseitigungen 
geschaffenen Zustande, gegen die Tarifreform ins Feld führen 
wollten, auf ihre höhnische Ablehnung einer derartigen Forderung 
von seiner Seite Mitte der siebziger Jahre. Seit 1862 sei das Zoll⸗ 
system viermal tief eingreifend geändert worden, ohne daß auch 
nur im geringsten auf die klaren Einwendungen der Industrie 
Rücksicht genommen worden sei. Gerade dieses Verhalten und Vor— 
gehen habe die schutzzöllnerischen Bestrebungen in der deutschen 
Industrie groß gezogen. Der Einfluß des Auslandes sei dabei 
nur insofern wirksam gewesen, als die herrschenden Parteien immer 
die Interessen des Auslandes vertreten und die dortigen Schutz— 
zollbestrebungen gestärkt hätten. Die eigenen Zölle aufzuheben und 
) Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen 
Reichstags, 4. Legisl.«Per., II. Sess. 1879, 1. Band, S. 39 68.
	        
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