2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 405
regel sollte der massenhaften spekulativen Einfuhr von ausländischen
Waaren gesteuert werden. Die Verhandlungen über diesen Gesetz—
entwurf erfolgten am 19. Mai. Derselbe rief den heftigsten Wider—
spruch der Freihändler hervor, denen sich in diesem Falle auch der
Führer des Centrums anschloß.
Die Annahme auch dieses Gesetzes war aber nicht mehr
zweifelhaft, sie erfolgte am 28. Mai. Die freihändlerischen Liberalen
geriethen in eine vollständige Deroute. Der Präsident des Reichs—
tages, Freiherr von Forckenbeck, legte am 30. Mai wegen des
Gegensatzes, in den er mit seinen Ansichten zu der Mehrheit des
Reichstages gekommen war, sein Amt nieder. Ihm folgte am
23. Mai der Vize-Präsident Freiherr Schenck von Stauffen—
berg. Bei der Aussichtslosigkeit des Kampfes gaben die Manchester—
leute mit der Zeit die Schlacht auf und beschränkten sich auf
Rückzugsgefechte.
Dank dem praktischen Vorgehen der Kommission konnte bereits
am 10, 11. und 12. Juli die dritte Lesung des Gesetzes“) statt—
finden und die Abstimmung über den Tarif und das Tarifgesetz
vorgenommen werden. Die Abstimmung war eine namentliche und
ergab die Annahme mit 217 gegen 117 Stimmen. Damit war
der große Kampf vorläufig beendet und die Umkehr der deutschen
Wirthschaftspolitik vollzogen.
Nachdem durch die Bekanntmachungen vom 31. Mai und 5. und
7. Juli 1879 die Zölle für Roheisen, Materialwaaren, Spezerei—
waaren und Petroleum, vorbehaltlich der nachträglichengesetzlichen Fest—
setzung, sofort in Uebung gesetzt worden waren, traten am 15. Juli 1879
die Zölle für Getreide und Holz und am 1. Januar diejenigen für die
übrigen Artikel in Kraft. Für das Zollgebiet des Deutschen Reiches
waren ferner durch das Gesetz vom 20. Juli 1879**), betreffend die
Statistik des Waarenverkehrs mit dem Auslande, einschneidende Aende—
rungen geschaffen worden, indem sowohl für die Ausfuhr als für die
Ein- und Durchfuhr die statistische Anmeldung der Waaren nach
Gattung, Menge, Herkunft und Bestimmungsland bei der Zollbehörde
oder den statistischen Anmeldestellen angeordnet und für diese An—
meldung eine sogenannte statistische Gebühr eingefordert wurde.
) Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutlschen
Reichstages, 4. Legisl.-Per. II. Sess. 1879, 3. Bd, S. 2241-2364.
**) Reichsgesetzblatt. Jahrgang 1879, S. 261ff.