Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 419 
bei der Zolltarifreform nur ungenügend berücksichtigt worden, sie 
waren daher unzufrieden und aus dem Centralverband geschieden. 
Der vorerwähnte Antrag hatte sie veranlaßt, wieder mit dem 
Centralverband in Fühlung zu treten. Die Kammgarnspinner 
hatten schon damals die Aufstellung eines Zolles für alle Wollen— 
gespinnste erstrebt, da eine zuverlässige Unterscheidung der ver— 
schiedenen Arten von Gespinnsten immer schwieriger wurde.“) Es 
war daher Grund zu der Annahme vorhanden, daß bei einer Zoll— 
ermäßigung für Wefte, als solche große Mengen anderer Kamm— 
garne eingeführt werden würden. Um die hierin liegende Schädigung 
der Kammgarnspinner zu vermeiden, der Barmer Industrie aber 
einen billigen Ausgleich zu gewähren, wurde von schutzzöllnerischer 
Seite die Zollermäßigung für Weftgarne bekämpft, die Gewährung 
einer Rückvergütung des Zolles jedoch befürwortet. 
Die Frage war auch für die Leinenspinner von großer Be— 
deutung. Sie waren bei der Zollreform schlecht weggekommen. 
Dies wurde durch die Thatsache erwiesen, daß trotz der fortschreiten— 
den Verdrängung der Leinen- durch die Baumwollengewebe doch 
noch immer jährlich große Mengen Leinengarne nach Deutschland 
eingeführt wurden. 
In dieser Beziehung wurde von dem Centralverband Abhülfe 
für nothwendig erachtet, sie konnte jedoch nicht ohne vorherige Ver— 
ständigung zwischen den Leinenwebern und den Leinenspinnern 
beantragt werden. Zu diesem Zweck wurde eine Kommission von 
Spinnern und Webern eingesetzt, in der unter Anerkennung der 
Solidarität der Interessen eine vollkommene Verständigung erzielt 
wurde. 
Mit Rücksicht auf den Umstand, daß feine Leinengewebe in 
beträchtlichem Umfang aus Deutschland exportirt wurden, in den 
deutschen Leinenspinnereien aber die feineren Garne nicht gesponnen 
wurden, und bei den Spinnern auch nicht die Absicht vorlag, dies zu 
thun, war eine Verständigung dahin erzielt worden, daß Spinner 
) Diese Schwierigkeiten haben sich im Laufe der Zeit durch die Aenderung 
in der Schaf- und Wollzucht wie durch Aenderung in der Fabrikation derart 
gesteigert, daß die Kammgarnspinner gegenwärtig eine zutreffende Unterscheidung 
durch die Zollbeamten für unmöglich erachten. Sie haben daher auch neuer— 
dings die Herstellung eines einheitlichen Zolles für Wollengarne beantragt, 
sind aber auch jetzt wieder bezüglich ihrer Anträge gar nicht oder ungenügend 
berücksichtigt worden. 
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