Full text: Erster Band (1. Band)

436 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Vertragsverhandlungen der zu diesem Zwecke erhöhte Tarif noch 
nicht volle gesetzliche Feststellung erlangt hatte. Auch vor der Ab— 
laufszeit dieses Vertrages trifft die Schweiz Vorbereitungen, ihren 
Tarif wieder ganz bedeutend zu erhöhen, um für die Verhandlungen 
stärkere Waffen in der Hand zu haben. Auch in den anderen 
Staaten rüstet man sich in ähnlicher Weise. Es ist eigenthümlich, 
daß für diese Politik, die im gegebenen Falle für diejenigen, die 
sie treiben, so erfolgreich gewesen ist, in Deutschland kaum Ver—⸗ 
ständniß vorhanden zu sein scheint. 
Die gegen Deutschland gerichtete Stimmung in der schweizerischen 
Industrie war noch durch die Erhöhungen des Zolles auf Uhren 
und Seide vermittelst des Gesetzes vom 22. Mai 1885 gesteigert 
worden Der Tarif von 1879 hatte für 100 Kilogramm Uhren, 
etwa 1430 Stück, einen Zoll von 600 Mark, also für jede Uhr 
etwa von 45 Pfennigen festgestellt. Nach dem Gesetz von 1885 
wurden verzollt das Stück: 
1. Taschenuhren in goldenen Gehäusen mit 3 Mark, 
2. Taschenuhren in silbernen Gehäusen mit 1,50 Mark, 
3. Taschenuhren in Gehäusen aus anderen Metallen mit 
0,50 Mark. 
Für Stickereien in Leinen wurde der Zoll von 100 Mark auf 
150 Mark, für Kleider aus Seide von 900 auf 1200 Mark, für 
Waaren aus Seide von 600 auf 800 Mark, für Gaze, CErôpe und 
Flor aus Seide von 600 auf 1000 Mark erhöht. Der Waaren— 
austausch mit der Schweiz hatte sich wesentlich zu Gunsten Deutsch— 
lands entwickelt. An den vorerwähnten Zollerhöhungen hatte der 
Centralverband keinen Antheil gehabt. Der Zoll auf Uhren war 
auf Anregung der sächsischen Regierung erhöht worden, die ihre 
in guter Entwicklung befindliche Glashütter Uhrenindustrie be— 
günstigen wollte Der Erfolg dieser Maßregel war aber recht 
zweifelhaft geworden, sowohl für die betreffende Industrie wie für 
die Reichskasse, da der Schmuggel mit Uhren aus der Schweiz in 
großartigem Maßstabe organisirt war. Er wurde durch den un— 
gehemmten Personenverkehr und die Kleinheit des Zollobjektes un— 
gemein begünstigt. In großem Umfange wurden auch Uhren und 
Gehäuse in zerlegtem Zustande zu dem billigen Satze für Uhr— 
furnituüren eingeführt. Der Zoll für eine silberne oder goldene 
Taschenuhr stellte sich dabei höchstens auf 15 bis 30 Pfennige. 
Die Erhöhung des Zolles auf seidene Fabrikate war eine Konzession
	        
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