2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 437
an die Krefelder Seidenindustrie gewesen, für die Ablehnung ihrer
auf die Einführung der sogenannten „admission temporaires für
die englischen Garne gerichteten Forderung. Da diese Ablehnung
ungünstig auf die bisher in großem Umfange betriebene Herstellung
halbseidener Waaren einwirkte, hatte sich die Krefelder Industrie
mehr der Fabrikation von ganzseidenen Artikeln zugewandt, für
diese aber einen Zollschutz verlangt.
Die Verhandlungen zwischen der deutschen und der schweizerischen
Regierung sollten im Oktober 1886 beginnen. Der Centralverband
war von dem Ministerium für Handel und Gewerbe aufgefordert
worden, darüber zu berichten, ob und in welchem Punkte eine
Aenderung des Handelsvertrages mit der Schweiz dem Interesse
der deutschen Industrie entsprechen würde und in welchen Be—
ziehungen der schweizerischen Eidgenossenschaft gegenüber eine Aende—
rung würde zugestanden werden können, ohne deutsche Interessen
wesentlich zu schädigen. Zugleich wünschte der Minister, daß der
Centralverband sich über die Bedeutung des schweizerischen Handels—
vertrags für die Interessen der deutschen Industrie, möglichst unter
zahlenmäßiger Begründung, äußere. Das Direktorium des Central—
verbandes hatte demgemäß ein Rundschreiben an die zu ihm ge—
hörenden Vereine und Verbände gerichtet.
Die Frage der Verlängerung des deutsch-schweizerischen Handels—
vertrages gelangte in der Sitzung des Ausschusses vom 19. Sep—
tember 1886*) zur Verhandlung. Der Geschäftsführer Beutner
berichtete über die eingegangenen Gutachten und Wünsche, und
äußerte seine Ansichten dahin, daß, wenn die deutsche Regierung
sich zur Ermäßigung einiger Zollsätze verstehen wollte, welche die
hauptsächlichsten Exportartikel der Schweizer berühren, vielleicht auch
die schweizerische Regierung sich bei solchen Artikeln, die in ihrem
eigenen Lande nur in geringem Umfange hergestellt würden, bei
denen also weniger die schweizerische Industrie als die schweizerische
Staatskasse betheiligt sei, zu Ermäßigungen bereit sein möchte. Freilich
scheine in den schweizerischen Kreisen, von denen jetzt heftig gegen den
Abschluß des Vertrages agitirt werde, die Meinung verbreitet zu sein,
daß Deutschland sich einschüchtern lassen und demgemäß zu größeren
Konzessionen bereit sein werde. In dieser Beziehung würden aber,
nach der Stimmung in den Kreisen der deutschen Regierung zu schließen,
*) Verhandlungen ꝛc. Heft 34, S. 68.