Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 439 
ganz außerordentlich zugenommen. Daran sollte nach Angabe der 
Fabrikanten die Zunahme der Produktion nicht schuld sein, sondern 
die steigende Einfuhr, namentlich aus Belgien. Von ihnen 
wurde anerkannt, daß die Zollgesetzgebung aus dem Jahre 1879 
die Tafelglasindustrie in dankenswerther Weise unterstützt habe. 
Sie fügten dem jedoch hinzu, daß dies leider aber nicht in dem 
Maße geschehen sei, wie es nöthig sei, um die Produktion auf der— 
jenigen Höhe zu erhalten, die zur Beschäftigung der eingestellten 
Abeiter erforderlich sei. 
Das Zollgesetz von 1879 hatte für Tafelglas einen Staffel— 
zoll eingeführt, der für die kleineren Abmessungen wohl ausreichen 
mochte, jedoch für die größeren, schwieriger herzustellenden Maße 
nicht ausreichte. Es wurde behauptet, daß die deutschen Glas— 
arbeiter größere Gläser nicht ebenso leicht herzustellen vermöchten 
wie die belgischen Arbeiter, da die ersteren infolge der Arbeiter— 
schutzgesetzgebung nicht so früh eingestellt und ausgebildet werden 
könnten wie die belgischen Arbeiter und auch durch die Militärpflicht 
in der erlangten Ausbildung wieder zurückgebracht würden. Daher 
komme es, daß die deutschen Arbeiter nicht so billig arbeiten könnten 
wie die belgischen. Hiervon abgesehen, sei die deutsche Industrie 
auch im übrigen, wie z. B. durch die sozialpolitische Gesetzgebung, 
stärker als die belgische belastet, und unter diesen Umständen sei es 
natürlich, daß die Einfuhr aus Belgien sich stark vermehre, worüber 
eingehende Zahlenangaben gemacht wurden. Diese Anschauungen 
waren von dem Verein Rheinisch-westfälischer Tafelglashütten in 
einer Eingabe an den Reichskanzler zusammengefaßt worden, für welche 
in derselben Ausschußsitzung“) von dem Hüttenbesitzer R. Vopelius 
die Unterstützung des Centralverbandes verlangt wurde. Die Ein— 
gabe schloß mit folgendem Antrag: 
„Dem Reichstage vorzuschlagen, im Zolltarif vom 15. Juni 
1879 Nr. 1082 uber 120 bis 200 em) den Zoll von 8 Martk 
auf 10 Mart, in Nr. 100 3 (über 200 em) den Zoll von 10 Mark 
auf 14 Mark zu erhöhen.“ 
Dem Geheimen Finanzrath Jencke waren Zweifel darüber 
entstanden, ob die Eingabe als zureichend begründet erachtet werden 
könne. Er wollte gegen die Anträge der Glashüttenindustrie an 
sich keinen Einwand erheben, glaubte jedoch;, daß es im eigenen 
*) Verhandlungen ꝛc. Heft 34, S. 82.
	        
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