Full text: Erster Band (1. Band)

Der Centralverband 1876 —- 1901. 
in der Regel nicht mehr als 10 pCt. des Werthes der Waare be— 
tragen sollte, war im Vergleich zu den von anderen Staaten er— 
hobenen Zöllen mäßig, es wurde jedoch das System der Werth— 
zölle gänzlich beseitigt und als Maßstab für die Verzollung Gewicht, 
Maß oder Stückzahl bestimmt. Durch dieses System wurde die 
Zollbehandlung und damit der Verkehr außerordentlich erleichtert. 
Es trägt jedoch einen Mangel an sich, der auch gegenwärtig dem 
deutschen Zollwesen noch in hohem Maße anhaftet. 
Bei der Verzollung nach Gewicht, Maß oder Stückzahl ist es 
nur möglich, den Zoll in ein rationelles Verhältniß zu dem Werth 
der Waare zu bringen, wenn dem Tarif eine ausreichende Spe— 
zialisirung, eine mit der Entwickelung der Industrie und der 
allgemeinen Preisverhältnisse schritthaltende feine Ausgestaltung 
gegeben wird. Geschieht dies nicht, so liegt die Gefahr nahe, 
daß Waaren von geringer Beschaffenheit und Preislage mit Zöllen 
belegt werden, die im Verhältniß zum Werth sehr hoch sind, unter 
Umständen fast prohibitiv wirken, während für feinere und dem— 
gemäß werthvollere Artikel, deren Herstellung mehr Arbeit und 
größere Kosten verursacht, der Zoll mit dem Grade der Feinheit 
mehr und mehr verschwindet und schließlich nur ein an Zollfreiheit 
grenzendes Minimum beträgt. Leider hat es in Deutschland an 
dieser feineren Ausgestaltung des Tarifs gefehlt; was in dieser 
Beziehung bei der Aufstellung des autonomen Tarifs von 1879 
geschah, war ungenügend, und die nachtheilige Wirkung auf die 
Herstellung seiner und feinster Erzeugnisse großer Industrien ist in 
der Periode von 1879 bis zur Gegenwart unverkennbar. 
Hatte auch Preußen unter allen deutschen Staaten zuerst sein 
Zollwesen nach staatswirthschaftlichen und nationalökonomischen 
Grundsätzen geordnet, so war doch die Durchführung des neuen 
Systems bei der Zerstückelung des preußischen Staatsgebietes und 
der Zerrissenheit seiner Grenzen mit großer Schwierigkeit und über— 
großen Kosten verbunden. Ganz besondere Hindernisse boten die zu 
anderen Staaten gehörenden, von preußischem Gebiet umschlossenen 
Enklaven und die vielfach in dieses Gebiet eingreifenden kleinen 
Anhaltischen Staaten. 
Abgesehen von Bayern und Württemberg war den Re— 
gierungen der mittleren und kleinen deutschen Staaten der Gedanke 
vollkommen fremd, die Wohlfahrt des Volkes nationalökonomisch zu 
fördern und von diesem Gesichtspunkte aus auch das Zoll—
	        
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