Full text: Erster Band (1. Band)

Der Centralverband 1876 — 1901. 
Bildung des Handels- und Gewerbevereins in Leipzig, dessen 
Seele der unermüdliche Kämpfer für die Zolleinigung Deutsch⸗ 
lands und den nachdrücklichen Schutz der nationalen Arbeit, der 
Tübinger Professor Friedrich List, wurde. 
Die Bestrebungen dieses Vereins waren jedoch erfolglos, 
wozu verschiedene Umstände beitrugen. Einmal war in dem 
Verein selbst der von einer unklaren, angeblichen Wissenschaft, be— 
sonders aber von ausländischen, namentlich englischen Emissären 
gepflegte Begriff einer allgemeinen Handelsfreiheit stark vertreten. 
So stellte der Verein in seiner Eingabe an den Bundestag zwar 
den Antrag auf ein allgemeines Mauthsystem in Deutschland und 
knüpfte daran die Bitte, die Zölle im Innern Deutschlands ganz 
aufzuheben, dagegen ein auf der Grundlage der Reciprocität be— 
ruhendes Zollsystem gegen fremde Nationen nur so lange auf— 
zustellen, bis diese den Grundsatz der europäischen Handelsfreiheit 
annehmen würden. Andererseits lag es im Geiste der damaligen 
deutschen Regierungen, Bestrebungen, die auf allgemeine deutsche 
Zwecke gerichtet waren, weil sie selbst ihnen widerstrebten, mit Miß⸗ 
trauen zu betrachten, ihnen politische oder gar rev olutionäre Tendenzen 
unterzuschieben und sie demgemäß für rechtswidrig zu erklären. 
In diesem Sinne wurde der Antrag des Handels- und Gewerbe— 
dereins beim Bundestage behandelt. Dieser selbst wurde als 
nicht vorhanden betrachtet; seine Anträge wurden nur als eine 
von Einzelnen ausgegangene Bittschrift behandelt und dem hannöver— 
schen Bundesrathsgesandten Martens zur Berichterstattung über— 
wiesen. Dieser Bericht ließ deutlich erkennen, daß er wesentlich im 
Hinblick auf die für die hannöversche Regierung maßgebenden Rücksichten 
auf die politischen und Handelsinteressen Großbritanniens abgefaßt war. 
Der vom Bundesrath im Sinne dieses Berichtes gefaßte Beschluß zeigte, 
daß von ihm für die Besserung der Verhältnisse des Handels und der 
gewerblichen Thätigkeit in Deutschland nichts zu erwarten war. 
Der besseren Einsicht der einzelnen größeren Regierungen war es 
vorbehalten, zunächst dem Beispiele Preußens bei Ordnung ihrer 
eigenen Zölle und Abgaben zu folgen, dann aber, mit weiterem 
Blicke für die Interessen der Allgemeinheit, eine Vereinigung zwischen 
den einzelnen deutschen Staaten herbeizuführen. 
Die Verhandlungen am Bundestage hatten jedoch den 
Regierungen Anlaß zur weiteren Erörterung der Frage des freien 
Verkehrs unter den deutschen Staaten gegeben. Dieserhalb fanden
	        
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