2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 471
jeder in Frage kommenden Zollposition wurden von ihm per—
sönlich Sachverständige vernommen, von denen die betreffenden
Fabrikate meistens vorgelegt wurden. Die Verhandlungen mit
den Sachverständigen wurden sofort von den Beamten des Central—
verbandes in die für die Weitergabe geeignete kurze und knappe
Form gebracht, in der sie die Grundlage zu den Verhandlungen
zwischen den Mitgliedern des Zollbeiraths und den Bevollmächtigten
der Bundesstaaten bildeten. Das Ergebniß dieser Berathungen
ging dann an die deutschen Unterhändler. Von diesen kamen sehr
häufig, je nach dem Gange der Verhandlungen, Rückfragen, oder
es wurden weitere Auskünfte oder die Vorlage von Mustern ver—
langt, wodurch wiederum ein reger Verkehr zwischen dem Zoll—
beirath und den Sachverständigen veranlaßt wurde. Es lag in
der Natur der Sache, daß alle diese Arbeiten mit größter Be—⸗
schleunigung vollzogen werden mußten.
Bei der Beurtheilung der Thätigkeit des Beiraths und der
von ihm erzielten Erfolge darf nicht übersehen werden, daß er erst
in Wirksamkeit trat, nachdem die deutsche Regierung ihre ersten
Vorschläge bereits an Rußland abgegeben und damit die haupt—
sächlichsten Ausgangspunkte für die Verhandlungen festgelegt hatte.
Es zeigte sich später, daß dabei die thatsächlichen Verhältnisse nicht
immer genügende Berücksichtigung gefunden hatten. Infolge dessen
war es in manchen Fällen dem Zollbeirath nur unter den größten
Schwierigkeiten, in andern garnicht möglich, die Berücksichtigung
der von den Interessenten gestellten Forderungen zu erwirken.
Ferner ist hervorzuheben, daß der Beirath seine Thätigkeit erst
gleichzeitig mit dem Beginne der wirklichen Vertragsverhandlungen
aufnehmen konnte, und daß es demgemäß an Vorbereitungen jeder
Art gänzlich fehlte.
Wenn dennoch der Mitwirkung des Beiraths ein großer Theil
der in dem Handelsvertrage mit Rußland erzielten Erfolge zu—
zuschreiben ist, so ist dieses befriedigende Ergebniß wesentlich der
glücklichen Wahl der Personen und dem Umstande zuzuschreiben,
daß alle zur Mitwirkung Berufenen ihr Können und ihre
Arbeitskraft auf das Aeußerste verwertheten und anspannten. Dies
gilt besonders, soweit die der Industrie geleisteten Dienste in Betracht
kommen, von dem damaligen Fabrikbesitzer, Reichstagsabgeordneten
Theodor Möller (ietzt Minister für Handel und Gewerbe), dem
Kommerzienrath Vogel und dem Oberbergrath Wachler