2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 477
gegenüber, haben wir wohl ein Recht, zu fordern, daß die Land—
wirthschaft nun auch jene Mahnung berücksichtigt und der Industrie
giebt, was ihr und ihren Arbeitern nöthig ist, indem sie den
heftigsten Widerstand gegen den russischen Handelsvertrag aufgiebt.“
Von dem Referenten wurde der Versammlung folgender, von
dem Direktorium und dem Ausschuß bereits genehmigter Beschluß—
antrag unterbreitet:
„1. Der Centralverband Deutscher Industrieller begrüßt mit
Freuden den Abschluß des deutsch-russischen Handelsvertrages,
durch welchen ein für beide Länder schädigender und nach den
verschiedensten Richtungen zu beklagender Zollkrieg beendet wird.
Wenn auch nicht alle Forderungen und Wünsche Berücksichtigung
gefunden haben, so bietet der vereinbarte Tarif dennoch Grundlage
und Raum für die Befestigung und Entwicklung des Absatzes
zahlreicher Erzeugnisse der deutschen Arbeit auf dem von Jahr zu
Jahr an Bedeutung wachsenden russischen Markte.“
„Einen besonderen Werth legt der Centralverband auf die
Sicherheit, welche die zehnjährige Dauer des Vertrages dem Geschäfts—
verkehr gewährleistet, und auf die Bestimmungen, durch welche der
Grenz- und Eisenbahn- wie Schiffsverkehr für die gleiche Dauer
erleichtert und geregelt wird.“
„2. Der Centralverband ist durchdrungen von der Solidarität
der Interessen aller Zweige der wirthschaftlichen Thätigkeit unseres
Vaterlandes, insbesondere von der Solidarität der Interessen von
Landwirthschaft und Industrie. Der Centralverband hat demzufolge
nicht nur die Nothwendigkeit eines wirksamen Schutzes der deutschen
Landwirthschaft von Anfang an anerkannt, sondern er hat auch
gegen keine der wiederholten Erhöhungen der Getreidezölle einen
Einwand erhoben und vor Abschluß des deutsch-österreichischen
Handelsvertrages ausdrücklich erklärt, daß die von ihm vertretene
Industrie keine Vortheile auf Kosten der Landwirthschaft erstrebe.
„Nachdem jedoch zu Gunsten aller anderen Getreide ausführen—
den Länder ein ermäßigter Getreidezoll Geltung erlangt hat, hält der
Centralverband den Fortbestand des höheren Zolles allein Ruß—
land gegenüber aus wirthschaftlichen und politischen Gründen für
unmöglich.
„In der Gleichstellung der Getreidezölle kann der Central—
verband eine wesentliche Schädigung der Landwirthschaft auch nicht
erblicken. Das russische Getreide wird, wie die Erfahrung zeigt,