2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 497
In der Ausschußsitzung vom 30. November 1895*) berichtete
der Geschäftsführer wieder über eine Reihe von Gutachten, die von
behördlicher Seite über ganz bestimmte Zoll- und Handelsfragen
vom Centralverbande eingefordert worden waren. So ein Gut—
achten über das Ansuchen der deutschen Fabrikanten von
Zahn- und Nagelbürsten, betreffend die Erhöhung des Schutzes
für ihre Fabrikate. Der Centralverband stellte fest, daß diese
Industrie durch den vom Auslande, besonders von Frankreich und
selbst von Japan, ausgehenden Wettbewerb arg bedrängt werde,
daß aber einer Zollerhöhung die Bindung des betreffenden Zoll—
satzes in dem Vertrage mit Oesterreich-Ungarn und Italien ent—
gegenstehe.
Eine andere Verfügung des Königlich Preußischen Handels—
ministeriums veranlaßte den Centralverband, eine Ermittelung in
größerem Umfange zu veranstalten. Es handelte sich um die Frage,
ob, wie in dem eingegangenen Berichte behauptet wurde, seit einigen
Jahren Oesterreich-Ungarn in gewissen Waaren auf dem indischen
Markte größere Fortschritte mache als Deutschland, und wenn dies
der Fall sei, auf welchen Ursachen dies beruhe. Das Ergebniß
der angestellten Ermittelungen war, daß die Zunahme des öster—
reichischen Mitbewerbes auf dem indischen Markte gegenüber der Ein—
fuhr aus Deutschland nur scheinbar sei. Ihren Ursprung hatte die
irrige Anschauung in der Zugrundelegung der indischen Zollstatistik
bei der Betrachtung der indischen Ein- und Ausfuhr nach den
Ursprungsländern. Die indische Zollstatistik bringt nämlich die
nach Indien importirten Waaren nach der Nationalität des Ver—
schiffungshafens, von dem das Konnossement datirt, zur An—
schreibung. Infolge dessen weisen die indischen Zolllisten eine Reihe
von unechten Importen auf, d. h. Importen von Ländern, die
nicht die wirklich ausführenden sind. Demgemäß ergeben die
Zahlen bei denjenigen Ländern, welche eigene Fabrikate nach Ost—
indien ausführen, nur insoweit den wirklichen Umfang der Ausfuhr,
als eine direkte Abfertigung der Waaren aus dem betreffenden
Lande stattfindet. Wird diese Thatsache mit der anderen zusammen—
gehalten, daß die Ausfuhr deutscher Waaren nach Indien sich zum
großen Theil über Belgien, Großbritannien und weiter auch
über Triest und Marseille vollzieht, so ergiebt sich, daß in den
) Verhandlungen ꝛc. Heft 67, S. 9
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