2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 501
mit Rücksicht auf den Handelsvertrag und besonders in prinzipieller
Hinsicht gegen das russische Vorgehen zu erheben seien. Im
gleichen Sinne war auch seitens des Zollbeirathes beim Aus—
wärtigen Amte intervenirt worden. Im Zusammenhange mit
diesen Darlegungen meinte der Geschäftsführer, daß, so ernst diese
Vorkommnisse auch seien, doch immer daran festgehalten werden
müsse, daß das Handelsvertragsverhältniß mit Rußland für die
deutsche Industrie als Gesammtheit einen Vortheil bedeute, dem—
gegenüber solche Vorkommnisse nicht ausschlaggebend erscheinen dürften.
Damit solle nicht gesagt sein, daß Schädigungen einzelner Industrie—
zweige, wie sie hier vorlägen, ohne Widerspruch hinzunehmen seien.
Sache des Auswärtigen Amtes sei es, im Wege der Verhandlungen
die Beseitigung der entstandenen Schwierigkeiten zu erstreben, und
es sei umsomehr zu hoffen, daß die dahin gerichteten Bemühungen
Erfolg haben würden, als das Verhalten der russischen Regierung
in Zollangelegenheiten seit Abschluß des Vertrages im ganzen ein
freundliches gewesen sei.
Vor zwei Jahren hatte der Centralverband bereits Ver—
anlassung genommen, sich über die Behandlung der Handlungs—
reisenden in Schweden und Dänemark zu beschweren. Der Geschäfts—
führer berichtete, daß eine ähnliche Beschwerde auch jetzt wieder
seitens des Centralverbandes an das Auswärtige Amt gerichtet worden
sei über die steuerliche Belastung deutscher Handlungsreisender in
Norwegen, wo vom 1. Januar 1897 ab eine Bestimmung in Kraft
treten solle, nach welcher die Handlungsreisenden für jeden Monat
eine 100 Kronen kostende Karte zu lösen haben würden.
Weiter war über den Antrag deutscher Müller zu berichten,
der Centralverband möge dafür eintreten, daß für die Feststellung
der Zollrückvergütung bei der Ausfuhr von Weizenmehl gewisse
Typen eingeführt oder das regulativmäßige Ausbeuteverhältniß
für Mehl und Gries auf gereinigten Weizen, unter Beibehaltung
der jetzigen Type, bezw. des jetzigen Aschegehaltes, herabgesetzt
werden möchte. Das Direktorium, dem dieser Antrag vorgelegen
hatte, konnte nicht verkennen, daß die Mühlenindustrie sich that—
sächlich in schwieriger Lage befinde, weil ihr der Export abgeschnitten
werde. Die Hauptursache war nach Ansicht des Direktoriums in
dem Vorgehen Frankreichs zu erblicken, das durch ein sehr günstiges
Bonifikationssystem seinen Export von Weizenmehl sehr gehoben
und Deutschland aus seinen Absatzgebieten fast vollständig verdrängt