2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik 511
Das Präsidium des Deutschen Handelstages hatte in
der That unter dem 14. September 1894 ein Rundschreiben
an seine Mitglieder gerichtet, in welchem es um Material be—
züglich der Vorbereitung von Handelsverträgen ersuchte. Es ist
später bekannt geworden, daß das Präsidium des Deutschen
Handelstages mit diesem Rundschreiben keinen Erfolg gehabt hat.
Dieses ungünstige Ergebniß war wesentlich auf den Umstand zurück—
zuführen, daß man versucht hatte, mit den gestellten Fragen zu tief
in die Geschäftsverhältnisse der einzelnen Gewerbetreibenden ein—
zudringen. In ihrem eigenen Interesse glaubten diese davon
absehen zu sollen, ihre zum Theil als Geschäftsgeheimniß betrachteten
Angelegenheiten der Handelskammer und damit auch unter Um—
ständen ihren Konkurrenten preiszugeben.
Nach diesem Verlaufe des ersten Versuches zur Bildung der
mehrerwähnten Centralstelle könnte angenommen werden, daß das
Direktorium des Centralverbandes lediglich aus kleinlicher Rücksicht
auf die Etiquette eine für alle Theile bedeutungsvolle Sache habe
scheitern lassen. Bei näherer Betrachtung der maßgebenden Ver—
hältnisse erweist sich aber eine derartige Annahme als unhaltbar.
Der Deutsche Handelstag ist zwar eine freie Vereinigung, der
Umstand aber, daß die Organe, die ihn hauptsächlich bilden, die
Handelskammern, auf gesetzlicher Grundlage beruhen, verleiht ihm
doch in gewissem Grade einen offiziellen Charakter. Die Geschichte
des Deutschen Handelstages zeigt, daß dieses Verhältniß wohl in
erster Reihe dazu beigetragen hat, seinen Bestand selbst in recht
kritischen Zeiten, die für ihn eingetreten waren, zu sichern. Der
Centralverband Deutscher Industrieller ist in vollem Umfange eine freie
Vereinigung. Sein Bestand ist unbedingt abhängig von dem Ansehen
und der Achtung, die er sich durch seine Arbeiten und Bestrebungen
in der deutschen Industrie erwirbt, und von dem Vertrauen, das seine
Mitglieder in ihn setzen. Die Mitglieder des Direktoriums des
Centralverbandes müssen von der Ueberzeugung durchdrungen sein,
daß die Thätigkeit des Centralverbandes nutzbringend und förderlich
auf die allgemeine wirthschaftliche und soziale, besonders auf die
industrielle Entwickelung Deutschlands einwirkt. Würden sie diese
Ueberzeugung nicht haben, so ist wohl anzunehmen, daß diese
Männer, die im Wirthschaftsleben der Nation hervorragende
Stellungen einnehmen, sich mit dem Verbande nicht befassen würden.
Da die damaligen Mitglieder des Direktoriums dies wohl erkannt