2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 545
des neuen Dingleytarifes mit einzelnen Staaten verhandelt werde,
und ob ein solcher Vertrag auch in Deutschland zustande kommen
würde. Der Geschäftsführer erwiderte, daß es sich hinsichtlich dieser
Verträge vorläufig nur um Zeitungsnachrichten handele, in denen
auch zu lesen sei, daß die deutsche Regierung solche Verhandlungen
führe. Diesen Verträgen könne keine große Bedeutung beigelegt
werden, da sie sich nur auf einzelne bestimmte Waarenklassen be—
zögen. Im übrigen würden sie noch die gesetzgebenden Körperschaften
in den Vereinigten Staaten zu durchlaufen haben; ihr Zustande—
kommen würde daher voraussichtlich erhebliche Zeit in Anspruch
nehmen.
Der Abgeordnete Geh. Kommerzienrath Möller bestätigte diese
Angaben. Er verwies ferner auf die unklare, unbestimmte Fassung
des Dingleytarifes und meinte, daß bei dieser eine bestimmte Absicht
vorgelegen haben müsse, da eine andere Erklärung für eine derartige
Fassung eines so wichtigen Gesetzes nicht zu finden sei. Die Artikel,
die nach dem Dingleytarif unter die Reciprocitätsverträge fallen
könnten, hätten für Deutschland im allgemeinen wenig Interesse, die
ganze Sache habe daher nur geringe Bedeutung; er könne aber
versichern, daß der Centralverband diese Vorgänge mit Aufmerksam—
keit verfolgen werde. Ein hervorragender Staatsmann, der den
amerikanischen Verhältnissen nahe stehe, habe zu ihm geäußert, er
glaube nicht daran, daß die Sache eine wesentliche Bedeutung habe,
und er sei überzeugt, daß Deutschland auf Grund des Sachverhaltes
nur geringfügige Verhandlungen führen könne.
In der Sitzung des Direktoriums vom 23. Februar 1898 lag
ein Antrag des Elsässischen Industriellen Syndikats auf anderweitige
Verzollung der Baumwollgarne und der Baumwollgewebe mit der
Bitte vor, ihn den anderen Vereinen der Baumwollindustrie mit—
zutheilen und beim Reichskanzler und demWirthschaftlichen Ausschuß zu
befürworten. Das Direktorium erachtete es nicht für zulässig, sich
ohne weiteres diesem Antrage anzuschließen, und beschloß, zunächst
die übrigen Verbände zu hören, da die in dem Antrage vor—
geschlagenen Zollsätze über die im Jahre 1886 vereinbarten hinaus—
gingen. In dieser Angelegenheit hatte auf Veranlassung des Vor—
sitzenden des Direktoriums, Reichsraths von Haßler, am 25. März
1898 in Augsburg eine Besprechung Süddeutscher Baumwoll—
industrieller stattgefunden, in der die alte Forderung wieder auf—
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