Full text: Erster Band (1. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 581 
Trotzdem man in dem betreffenden Reichsamte wohl hätte 
wissen können, daß die Vorlage in weiten Kreisen der Nation fast 
mit fieberhafter Spannung erwartet wurde, waren am Tage nach 
der Veröffentlichung keine Exemplare mehr in der Reichsdruckerei 
zu erhalten. Es waren gerade nur so viele Exemplare der Vor— 
lage hergestellt worden, als zur Versendung mit dem „Reichsanzeiger“ 
erforderlich waren. Der Herausgeber des Organs des Central— 
verbandes, der „Deutschen Industrie-Zeitung“, Steinmann-Bucher, 
entschloß sich sofort, den Entwurf drucken und ihn seinen Abonnenten 
mit der Zeitung zugehen zu lassen. Diese Gelegenheit benutzte der 
Geschäftsführer, um den Zolltarif allen Mitgliedern des Central— 
verbandes zugänglich zu machen. Freilich war er dabei der Ansicht, 
daß der einfache Entwurf des Tarifes wenig Werth haben würde, 
wenn nicht eine Gegenüberstellung der Zollsätze des Entwurfes mit 
den Zollsätzen des gegenwärtigen autonomen und Vertrags— 
Tarifes gegeben werde. Der Herausgeber der Industrie-Zeitung 
und der Vertreter des Geschäftsführers, Dr. Alexander Tille, 
unterzogen sich der schwierigen Aufgabe, diese Gegenüberstellung 
anzufertigen. Sie war schwierig, weil der alte Tarif nur 
43 Positionen mit 394 Zollsätzen hatte, während die neue 
Vorlage 946 Zollsätze enthielt. Steinmann-Bucher und 
Dr. Tille stellten in drei Tagen und ebensoviel Nächten die 
Arbeit fertig. In der Druckerei wurde zuletzt mit elf Schnell— 
pressen gearbeitet, und so wurde erreicht, daß suns Tage 
nach der Veröffentlichung im „Reichsanzeiger“, als noch keine Mög— 
lichkeit vorhanden war, die Vorlage auf anderem Wege zu erlangen, 
der in der dargelegten Weise durch Gegenüberstellung der alten Zollsätze 
vervollkommnete Entwurf den Mitgliedern zugeschickt werden konnte. 
Obgleich die Veröffentlichung wohl kaum zu einer ungelegeneren 
Zeit geschehen konnte, als es der Fall war, da sich die 
Zeit der Sommerurlaube und Sommerreisen auf der Höhe befand, 
erachtete der Vorsitzende des Centralverbandes Geh. Finanzrath 
Jencke doch den sofortigen Zusammentritt des Direktoriums für 
geboten. Er berief dasselbe für den 9. August zu einer Sitzung 
nach Baden-Baden, und es trat, mit Ausnahme des erkrankten 
Generalkonsuls Russell, vollzählig zusammen. Einzelne Mitglieder 
hatten ihren Sommerurlaub unterbrochen und waren bei Tag und 
Nacht herbeigeeilt, um der im Centralverbande übernommenen Ver— 
pflichtung zu genügen.
	        
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