2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 591
Der Referent führte aus, daß diese Bestimmung den Zweck habe, zu
vermeiden, daß ein vertragsloser Zustand eintrete und daß Deutschland
überhaupt mit der neuen Regelung seiner handelspolitischen Verhält—
nisse in schwere zollpolitische Verwickelungen geführt werde. Die
Handelsverträge seien fest bis zum 1. Dezember 1903 geschlossen, um
einen vorzeitigen Ablauf selbst durch Kündigung zu verhindern. Aber
auch nach dem 1. Dezember 1903 würden die Handelsverträge nicht
ablaufen, wenn vorher nicht eine Kündigung erfolgt sei. Diese Be—
stimmung des 8 12 bezwecke, die Kündigung unter Umständen
gänzlich zu vermeiden. Wenn, wie von agrarischer Seite unbedingt
verlangt würde, der 8 12 lautete, der nene Tarif solle un⸗
bedingt mit dem 1. Januar 1904 in Kraft treten, so würde, wenn
bis dahin neue Handelsverträge noch nicht abgeschlossen sein sollten,
ein vertragsloser Zustand eintreten. Andererseits würde mit dem
1. Januar 1904 der neue Tarif unmittelbar in Kraft gesetzt werden
müssen. Der Referent glaubte, daß die Mitglieder des Central—
verbandes mit ihm der Ansicht wären, daß zahlreiche Sätze des
Tarifes verhältnißmäßig hoch gegriffen seien, um ihn in seiner
Gesammtheit als Werkzeug zu dem Abschluß von Handelsverträgen
brauchbar zu machen. Die Frage, ob zu diesem Zwecke die Tarif—
sätze hoch genug eingesetzt seien, wolle er bei dieser Gelegenheit
nicht erörtern. Wenn aber der Tarif mit den vorgeschlagenen
Maximalsätzen für Getreide am 1. Januar 1904 unbedingt in Kraft
gesetzt werden müßte, auch ohne daß neue Handelsverträge zustande
gekommen wären, so würde dies den Zollkrieg mit allen anderen
Staaten bedeuten. Diese Schädigung des deutschen Wirthschafts—
lebens würde abgewendet werden können durch die Bestimmung
des Zolltarifgesetzes 5 12 Absatz 1. Für den Fall, daß im Laufe
der Zeit doch Zollstreitigkeiten zwischen dem einen oder dem anderen
Lande entstehen sollten, erklärte sich der Referent mit der in 88 des
Zolltarifgesetzes vorgesehenen, eventuellen Verschärfung der Kampf—
mittel einverstanden.
Der von dem Referenten der Versammlung unterbreitete
Beschlußantrag hatte folgenden Wortlaut:
„Die Stellung des Centralverbandes zu der Zoll- und Handels—
politik des Deutschen Reiches und insbesondere zu den Getreide—
zöllen ist durch Beschluß der Versammlung der Delegirten vom
5. Februar d. J. festgelegt worden; er lautet: