2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. A. Handels- u. Zollpolitik. 607
des autonomen Tarifs, als einer Trutzwaffe gegen das Ausland,
welche uns Zugeständnisse erzwingen soll, den Wünschen freihänd—
lerischer Interessentengruppen untergeordnet worden, und dieser
Zug hat den Werth des autonomen Tarifes immerhin in nicht
unerheblichem Maße herabgedrückt. Auf dem Felde der chemischen
Industrie, der Textilindustrie, der Lederindustrie, der Thonwaaren—
industrie, der Eisenindustrie, der Maschinenindustrie liegen in dieser
Hinsicht Anomalien vor, welche dringend eine Abstellung fordern.“
Die Versammlung schloß sich den in diesen Sätzen aus—
gesprochenen Ansichten des Referenten an.
Aus dem dieser Versammlung der Delegirten erstatteten Ge—
schäftsbericht ist noch Folgendes hervorzuheben. Deutschland befand
sich in dem Zustande des Zollkrieges mit der Republik Haiti, weil
die dortige Regierung mit einem Ausnahmetarife für Frankreich
die deutschen Waaren differenzirt hatte. Es war daher der autonome
Tarif mit Kampfzollzuschlag auf die Erzeugnisse dieser Republik
angewendet worden. Dabei kamen hauptsächlich Kaffee und Kakao
in Betracht. Für das bisher zollfrei eingehende Blauholz wurde ein
Zoll von 20 pCt. vom Werthe erhoben. San Salvador hatte
seinen Meistbegünstigungsvertrag am 27. April gekündigt. Der
Ablauf dieses Vertrages konnte jedoch die handelspolitischen Verhält—
nisse nicht ändern, da San Salvador nur einen autonomen Tarif hat,
den es auch gegen Deutschland anwenden muß, und da die haupt—
sächlichsten Artikel, die von dort nach Deutschland eingeführt werden,
durch die deutschen Handelsverträge im Zoll nicht ermäßigt worden
sind. Der englischen Kolonie Barbados war die Meistbegünstigung
wieder gewährt worden, nachdem der Ausnahmetarif für das Mutter—
land aufgehoben worden war. Ausgeschlossen blieb die Meist—
begünstigung für Kanada.
Der Geschäftsführer berichtete dann, daß bei der Berathung
des Budgets im englischen Parlament am 20. Juni des laufenden
Jahres der Antrag zur Erörterung gestanden habe, dem Zucker
aus englischen Kolonien einen Zollvorzug von 331/, pCt. zu ge—
währen. Bei dieser Frage habe sich eine sehr umfassende zollpolitische
Verhandlung entwickelt, die damit geendet habe, daß der Antrag mit
366 gegen 16 Stimmen abgelehnt worden sei. Diese Verhandlungen
und dieses Ergebniß seien von der deutschen freihändlerischen Presse
dahin gedeutet worden, daß England seinen alten freihändlerischen