Full text: Erster Band (1. Band)

24 Der Centralverband 1876 — 1901. 
Fabrikanten und Kaufleute zur Vorberathung unterbreitet. Die 
Vertreter der Industrie sprachen sich fast einstimmig für die Zoll— 
erhöhung aus, verlangten jedoch Rückzölle. Diese Forderung 
machte die ganze Sache wieder zweifelhaft, da die Einrichtung der 
Rückzölle in dem bisherigen Zollsystem völlig unbekannt war. Die 
nach vielfachen Verhandlungen endlich festgestellten Anträge für die 
Generalkonferenz waren das Resultat eines Kompromisses und ent⸗ 
sprachen in ihrer Gesammtheit den Interessen weder der einen noch 
der anderen Partei. 
Es wurde beantragt: 
1 für ungebleichtes ein- und zweidrähtiges, baumwollenes 
Garn eine Zollerhöhung von 2 Thlr. auf 3 Thlr. 10 Sgr. und 
zugleich für auszuführende Baumwollengewebe einen Rückzoll von 
hle d Sgr 
2. für rohes und gebleichtes (gefärbtes) Leinengarn, Zwirn, eine 
Zollerhöhung von 5 Sgr., 1 Thlr. und 2 Thlr. auf 4,5 und 6 Thlr.; 
3. für wollene Waaren die Vereinigung der beiden bisherigen 
Klassen von 30 und 50 Thlr. in eine einzige von 50 Thlr. 
Während man also einerseits die Zollerhöhung einzelner 
Gegenstände zugestand, trat im allgemeinen auch diesmal das 
Streben zu Tage, jeder durchgreifenden Revision des Tarifs nach 
einem bestimmten Prinzip, welches dem damaligen Zolltarif un— 
verkennbar fehlte, also vor allem der Ausbildung eines ange— 
messenen Zollschutzes, möglichsten Widerstand entgegenzusetzen und 
nur Schritt für Schritt und allenfalls soweit nachzugeben, als es 
die preußischen Zustände unabweisbar gemacht hatten, z. B. in der 
Leinengarnfrage. Ganz anders standen die Verhältnisse in den 
mittleren und kleineren Vereinsstaaten. 
Sachsen hatte schon vor seinem Eintritt in den Zollverein 
bei seiner Handelspolitik wesentlich die Interessen des Leipziger 
Großhandels und der dortigen Messe im Auge gehabt. Wenn 
seitdem auch seine gesammte Industrie einen gewaltigen Aufschwung 
genommen hatte, so standen doch auch jetzt noch immer bei der Be— 
urtheilung einschlägiger Fragen jene Interessen in erster Linie. 
Hierzu kam, daß die Weberei und die ihr zunächst verwandten 
Zweige allen anderen Industrien, namentlich der Spinnerei, weit 
voraus geeilt waren. Letztere hatten erst geringen Boden ge— 
wonnen, und die Einfuhr fremder Garne spielte daher in Sachsen noch 
eine bedeutende Rolle. Aus diesem Grunde war es erklärlich, daß
	        
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