Full text: Erster Band (1. Band)

12 Der Centralverband 1876 —- 1901. 
verträgen (abgesehen von der Schiffahrt) nur mit wenigen derselben 
von wesentlichem Nutzen sein; dagegen erscheint ein völliger Zoll— 
anschluß des einen oder anderen Nachbarlandes an den österreichisch— 
deutschen Handelsbund den Verhältnissen ganz entsprechend und als 
ein natürlicher Zuwachs an wirthschaftlicher und maritimer Kraft 
zur Erringung gemeinschaftlicher Ziele. 
4. Die große Verschiedenheit im Klima, in der Erzeugung, in 
den gesellschaftlichen Zuständen von Europa und den übrigen Erd— 
theilen empfiehlt einer österreichisch-deutschen Handelspolitik die 
kräftigste Förderung des Austausches diesseitiger Natur- und Ge⸗ 
werbserzeugnisse mit den überseeischen Erzeugnissen, und zwar im 
unmittelbaren Verkehre mit den Erzeugungsländern. Maßregeln zu 
diesem Zwecke erscheinen um so dringender, als der bedeutendste 
Theil der Zufuhren an Kolonialprodukten nach Deutschland und 
Oesterreich in den Händen fremder Staaten ist. Jedoch von einer 
verspäteten Nachahmung der alten britischen Schiffahrtsakte oder 
des französischen Differentialzollsystems ist nicht entfernt die Rede; 
ein Anachronismus soll um so weniger begangen werden, als die 
deutsche Schiffahrt ohne allen Schutz sich aus und durch sich selbst 
unter den ungünstigsten Verhältnissen in achtunggebietender Weise 
entwickelt hat. 
Nachdem sich die Denkschrift noch über die Zulässigkeit von 
Differentialzöllen, insoweit sie als Retorsionsmaßregel in Betracht 
kommen könnten, verbreitet hat, schließt sie damit, daß die österreichische 
Regierung darauf dringe, die Verhandlungen über die deutsche 
Zolleinigung unverweilt aufgenommen zu sehen, damit dieselben 
hon allen Seiten mit redlichem Eifer einem gedeihlichen Ende 
zugeführt werden. 
Dieser Plan, dem eine gewisse Großartigkeit nicht abzusprechen 
ist, war jedoch keineswegs aus volkswirthschaftlichen, sondern 
wesentlich, wenn nicht allein, aus politischen Beweggründen 
hervorgegangen. Die Ereignisse von 1848 und 1849, und nament— 
lich die versuchte Bildung eines kleindeutschen Kaiserthums mit dem 
Ausschluß Oesterreichs aus Deutschland, hatten den österreichischen 
Staatsmännern endlich die Augen darüber geöffnet, welche Stellung 
Preußen an der Spitze des Zollvereins gewonnen hatte, und 
daß Oesterreich seine frühere Stellung in Deutschland nur durch 
ein sehr entschiedenes Eingreifen in die handelspolitische Organisation 
Deutschlands wiedergewinnen könne. 
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