Full text: Erster Band (1. Band)

46 Der Centralverband 1876 — 1901. 
dem Zwecke, „über die Mittel zu möglichst baldiger Herbeiführung 
einer allgemeinen deutschen Zoll- und Handelseinigung zu berathen.“ 
Diese Berathungen begannen am 22. Januar 1851. Ihnen 
wurden die österreichischen Denkschriften von 1849 und 1850 sowie 
besondere Erklärungen von Bayern und Sachsen zugrunde gelegt. 
Die Regierungen dieser beiden Länder gingen davon aus, daß die 
Zolleinigung Oesterreichs mit dem übrigen Deutschland nicht sofort 
zu erreichen, sondern erst durch geeignete Uebergangsmaßregeln 
vorzubereiten wäre. Als eine solche wurde zunächst ein Handels— 
vertrag auf möglichst ausgedehnter Grundlage und mit allmählicher 
Erweiterung bis zur völligen Verschmelzung der beiden Zollgebiete 
vorgeschlagen. Mit diesem Vorschlage hatte sich die österreichische 
Regierung schließlich einverstanden erklärt und nur noch Bürgschaf— 
ten für das wirkliche Zustandekommen der vollständigen Einigung 
verlangt. 
Auf den Konferenzen zu Wiesbaden und Dresden hatte die 
zollpolitische Krisis fortgewuchert; durch die hervorgetretenen 
Gegensätze mußte der Bestand des Zollvereins ernstlich bedroht 
erscheinen. Preußen wurde hierdurch verañlaßt, auf Mittel bedacht 
zu sein, den höchst bedenklichen Folgen des möglichen Zerfalles 
des Zollvereins für die preußischen Lande vorzubeugen und seine, 
durch Oesterreichs Vorgehen und den Anklang, den es bei vielen 
Vereinsregierungen fand, bedrohte und gefährdete handelspolitische 
Stellung zu wahren und, wenn möglich, noch zu stärken. Höchst 
bedenklich war besonders die Trennung der beiden Hauptkörper 
der preußischen Monarchie, die ihren gegenseitigen Verkehr nur 
durch fremdes Gebiet zu erhalten vermochten. Daher mußte es 
die erste Aufgabe Preußens sein, für den Fall der Auflösung des 
Zollvereins sich den Zusammenhang der beiden Reichshälften durch 
eine abgerundete, gemeinsame Zollgrenze zu erhalten. Dies konnte 
in gesicherter Weise nur durch den Anschluß von Hannover an das 
preußische Zollsystem geschehen. Diesen herbeizuführen, mußte, trotz 
des Mißerfolges der bisherigen langjährigen Verhandlungen, ver— 
sucht werden. Preußen mußte darauf bedacht sein, im Norden einen 
Ersatz für den Süden zu finden, wenn die südlichen Vereinsstaaten 
ausscheiden sollten, oder, falls sie in dem Zollverein verbleiben 
sollten, bei der einmal eingetretenen Entfremdung einen festeren 
Halt gegen die süddeutsche Opposition zu gewinnen. Aber das 
konnte nur Hannover im Verein mit Oldenburg gewähren. Der
	        
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