Der Centralverband 1876 — 1901.
Inzwischen hatten sich die Grenzverhältnisse durch die Ueber—
handnahme des Schleichhandels, die daraus entstehenden fort—
gesetzten Differenzen zwischen den beiderseitigen Behörden und zwischen
diesen und der Bevölkerung, und durch die Demoralisirung der
letzteren so schwierig gestaltet, daß Hannover selbst die Unhaltbarkeit
dieser Zustände erkannte. Durch die Vermittelung Braunschweigs
ließ es in Berlin seine Bereitwilligkeit zu erneuten Verhandlungen
erklären, und am 16. Oktober 1845 kam zwischen dem Zollverein
und dem Steuerverein ein Vertrag zustande, durch den die Grenz—
verhältnisse durch eine zweckmäßige Abrundung der Zollgrenze, die
jedem Theile den Grenzschutz erleichterte, geordnet und die früher
bereits vorhandenen Zollkartellabmachungen erneuert, auch ziemlich
ausgedehnte gegenseitige Verkehrserleichterungen zugestanden wurden.
Durch diese Ordnung der Verhältnisse zwischen dem Zollverein und
dem Steuerverein kam die Frage des Anschlusses Hannovers an
den ersteren zeitweilig zur Ruhe. In Hannover selbst war nach
wie vor eine Neigung zum Anschluß nicht vorhanden.
Nach den Konferenzen in Dresden und Wiesbaden beschloß
Preußen aufs neue mit Hannover wegen des Anschlusses in Verhand—
lungen zu treten, jedoch derart, daß sie nicht, wie früher, in lang—
wierigen und vielleicht ergebnißlosen Erörterungen verliefen, sondern
vielmehr sofort die Entscheidung uber Annahme oder Ablehnung der
vorgelegten Bedingungen mit sich bringen sollten. Zu diesem
Behufe wurden am 27. Juli 1851 in Hannover vertrauliche Eröff—
nungen gemacht, daß Preußen bereit sei, in erneute Verhandlungen
einzutreten. Gleichzeitig wurden die Bedingungen mitgetheilt, die
Preußen beabsichtigte, dem Vertrage zugrunde zu legen, und zwar
mit dem Bemerken, daß dieselben so günstig für den Steuerverein
seien, daß sich die preußische Regierung einer weitläufigen Ver—
handlung oder einer Ablehnung nicht aussetzen könne. Daher würde
sie zu einer offiziellen Mittheilung der Vorschläge erst schreiten,
wenn unzweifelhafte Gewißheit darüber gegeben sei, daß die han—
noversche Regierung ernstlich bereit sei, auf der vorgeschlagenen
Grundlage abzuschließen. Die ganze Lage bedingte, daß Preußen
weitgehende Zugeständnisse machen mußte; sie enthielten in der That
auch die wichtigsten, früher von Hannover gestellten, von Preußen
bisher aber entschieden abgelehnten Forderungen.
Die Verhandlungen wurden mit dem größten Geheimniß
umgeben, das merkwürdiger Weise auch vollkommen gewahrt
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