Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 51
anlaßt, den freihändlerischen Bestrebungen weit entgegen
gekommen. Von der Freihändlerei wurde der Vertrag mit
Jubel begrüßt, nicht allein wegen der in Aussicht gestellten Zoll—
ermäßigungen, sondern fast mehr noch, weil durch den Beitritt von
Hannover und Oldenburg, die beide keine innere Industrie zu
schützen hatten und von jeher die Interessen der Einfuhr fremder
Erzeugnisse zu begünstigen gewohnt waren, eine wesentliche
Stärkung der Freihandelspartei in Preußen bezw. im Zollverein,
und in diesem besonders den süddeutschen Staaten gegenüber, zu
erwarten war.
Die Zustimmung Hannovers zu dem Vertrage mag wohl
aus der Erkenntniß hervorgegangen sein, daß es seine isolirte
handelspolitische Stellung doch nicht mehr lange würde behaupten
können. Noch dringender waren die Gründe, die sich aus den
Verhältnissen der hannoverschen Eisenbahnen ergaben. Das System
dieser konnte unmöglich für sich allein bestehen; es verlangte An—
schlüsse nach allen Seiten, die zu erlangen wenig Aussicht vor—
handen war, so lange keine Verkehrsfreiheit mit dem Zollverein
bestand. Es war sogar zu befürchten, daß die Eisenbahnen der—
benachbarten Zollvereinsstaaten Hannover allmählich ganz umgehen
würden, womit dieses Land seinen Transit hätte verlieren müssen. Der
hannoverschen Regierung mußte daher die Gelegenheit sehr er—
e wünscht sein, den Anschluß an den Zollverein unter so unerwartet
n günstigen Bedingungen zu vollziehen.
g In den Zollvereinsstaaten fand der Vertrag, abgesehen von
n Baden, eine sehr ungünstige Aufnahme. In Sachsen war der
n leitende Staatsmann Minister von Beust derart preußenfeindlich,
daß er sofort Schritte unternahm, um den Widerstand der Mittel—
m staaten gegen den Vertrag zu organisiren. Der bayerische Minister
ir von der Pforten, eine sehr hervorragende Persönlichkeit, hatte die
ch politische Grundlage der volkswirthschaftlichen Bewegung voll
n erkannt. Er war ein entschiedener Gegner der preußischen Tendenzen,
von denen er Gefahr für die Machtstellung und Selbständigkeit
der Mittelstaaten befürchtete. Er gab daher auch sehr bald seine
n Absicht zu erkennen, dem von Preußen mit Hannover geschlossenen
zn Vertrage entgegen zu treten und sich durch die in Aussicht gestellte
ie Kündigung der Zollvereinsverträge nicht einschüchtern zu lassen.
he In Wien war man am meisten verstimmt, und es wurden
r⸗ sofort Verhandlungen mit den Regierungen von Sachsen, Bayern