Full text: Zweiter Band (2. Band)

68 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Rückblick:) „Es hieße die Bedeutung dieses Kongresses völlig n 
verkennen, wollte man ihn nur als Arb eitskongreß einschätzen. 9 
Seine Bedeutung liegt vielmehr darin, daß die deutschen Gewerk— R. 
schaften durch ihn zum ersten Male als eine Macht repräsentirt 
wurden, mit der in Gegenwart und Zukunft gerechnet werden muß. 3 
Auch frühere Gewerkschaftskongresse repräsentirten die Gewerkschaften, 
aber diese waren im Werden begriffen und ihre Existenz wurde durch u 
Ausnahmegesetzvorlagen in Zweifel gestellt. Heute kann diese Existenz Ve 
als gesichert gelten, auch wenn sie noch jahrelang mit widrigen ge 
Polizeimaßnahmen und Gerichtsurtheilen zu kämpfen haben wird. der 
Die mächtige Entwicklung der Gewerkschaften in den letzten Jahren i 
dürfte auch die Regierungen davon überzeugt haben, daß die Zeiten, In 
da sie mit Ausnahmegesetzen diese Bewegung zu hindern sich ver— 
maßen, ein für alle Mal vorüber sind und zum ersten Mal fühlten gle 
sich auch die Regierungen veranlaßt, den Verhandlungen eines Arl 
Arbeiterkongresses beizuwohnen, anstatt ihnen nur polizeiliche wic 
Aufmerksamkeit zu widmen. Neben dem Vertreter der württem— sam 
bergischen Regierung und Gewerbeinspektion und der Stadt wel 
Stuttgart wohnte auch ein Vertreter des Reichsamtes fest 
des Innern vorübergehend den Verhandlungen bei.“**) als 
Der nur ungenügend verhehlte sozialdemokratische Grund— 
charakter der Gewerkschaften hatte eine Gegenbewegung zur Folge, schn 
die in den „Christlichen Gewerkvereinen“ zu Tage trat. Der erste chrij 
und bedeutendste dieser Vereine ist der im Jahre 1894 begründete dem 
„Gewerkverein christlicher Bergarbeiter für den Oberbergamtsbezirk trete 
Dortmund“. Im Jahre 1897 wurde ein ähnlicher christlicher Hal 
Gewerkverein im Siegerlande begründet. Die christliche Gewerk— krat 
vereinsbewegung erzielte weitere nicht unerhebliche Erfolge unter ging 
den Arbeitern anderer Industrien, besonders aber unter den Eisen— 
bahnarbeitern und den Arbeitern der Textilindustrie. Soz 
Die Grund- und Leitsätze der christlichen Gewerkvereine lauteten zur 
in der Hauptsache wie folgt: „Die Gewerkschaften sollen inter— auch 
konfessionell sein, d. h. Mitglieder beider Konfessionen umfassen, 1900 
aber auf dem Boden des Christenthums stehen. Die Erörterung natic 
konfessioneller Fragen sei strengstens auszuschließen. Die Gewerk— neut: 
schaften sollen weiter unparteiisch sein, d. h. sich keiner bestimmten werd 
*) 12. Jahrgang, Nr. 26 vom 30. Juni 1902. A 
*) Die gesperrt gedruckten Worte sind auch in dem Korrespondenzblatt gelise 
im Druck hervorgehoben. bei s
	        
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