—76 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
wirkung zu sozialdemokratischen Bestrebungen den Weg zur Abhilfe
suchten.“
In den Worten der Thronrede, daß die bisherigen Veran—
staltungen, welche die Arbeiter vor der Gefahr sichern sollten, durch
den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit infolge von Unfällen in eine
hilflose Lage zu gerathen, sich als unzureichend erwiesen hätten,
lag wohl ein Hinweis auf die Unzulänglichkeit des Gesetzes vom
7. Juni 1871. Dieses sogenannte Haftpflichtgesetz betraf die Ver—
bindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisen—
bahnen, Bergwerken u. s. w. herbeigeführten Tötungen und Körper—
verletzungen. Der 8 2 dieses Gesetzes lautete:
„Wer ein Bergwerk, einen Steinbruch, eine Gräberei (Grube)
oder eine Fabrik betreibt, haftet, wenn ein Bevollmächtigter oder
Repräsentant, oder eine zur Leitung oder Aufsicht des Betriebes
oder der Arbeiter angenommene Person durch sein Verschulden in
Ausführung der Dienstverrichtungen den Tod oder die Körper—
verletzung eines Menschen herbeigeführt hat, für den dadurch ent—
standenen Schaden.“
Diese Bestimmungen hatten höchst unbefriedigende Zustände
sowohl für die Arbeiter wie für die Arbeitgeber herbeigeführt. Sie
hatten das Verhältniß zwischen beiden Klassen der gewerblichen
Bevölkerung eher verschlimmert als verbessert. Die Verpflichtung
des Verletzten, den Beweis für das Verschulden des Unternehmers
oder seiner Beauftragten beizubringen, machte die Wohlthat des
Gesetzes für die meisten Arbeiter illusorisch. Dieser schon an sich
schwierige Beweis wurde nicht selten, und gerade bei den durch
elementare Kräfte herbeigeführten schwersten Unfällen, dadurch un—
möglich gemacht, daß der Zustand der Betriebsstätte und der
Betriebseinrichtungen, auf dessen Feststellung es für den Schuld⸗
beweis meistens ankam, durch den Unfall bis zur Unkenntlichkeit
verändert war, und daß Personen, durch deren Zeugniß häufig und
allein ein Verschulden nachgewiesen werden konnte, durch den Unfall
getötet oder verletzt bezw. in einen Zustand versetzt waren, der sie,
abgesehen von dem Umstande, daß sie selbst Partei waren, zur
Ablegung eines Zeugnisses unfähig machte.
Bei den Arbeitern hatte sich auf Grund des Gesetzes die
Anschauung festgesetzt, daß ihnen, im Falle der Verunglückung ohne
eigenes Verschulden, unter allen Umständen die Versorgung durch
den Arbeitgeber zutheil werden müsse. Auch wo diese Anschauung