98 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Der hiermit schließende allgemeine Theil der Begründung des
ersten Entwurfes eines Unfallversicherungsgesetzes ist zwar im Aus—
zuge, aber doch ziemlich ausführlich wiedergegeben, weil in ihm
die ursprünglichen Ansichten und Ueberzeugungen der Verbündeten
Regierungen bezüglich der wesentlichsten, bei der gesetzlichen Ein—
führung der Unfallversicherung in Betracht kommenden prinzipiellen
Fragen deutlich und bestimmt hervortreten und zu erkennen sind.
Zunächst war festgestellt worden, daß das Haftpflichtgesetz vom
7. Juni 1871 seinen Zweck verfehlt und besonders das Verhältniß
zwischen den Arbeitern und den Arbeitgebern verschlechtert habe.
Die Versuche, durch Revision dieses Gesetzes Abhilfe zu schaffen,
waren, mit besonderer Rücksichtnahme auf die Industrie und deren
zu schwere Belastung, als unbrauchbar zurückgewiesen.
Für die neue gesetzliche Regelung der Unfallversicherung war
der Grundsatz aufgestellt worden, daß die Versicherung alle beim
Betriebe vorkommenden Unfälle zu umfassen habe, ohne Unterschied, 0
ob sie in einem Verschulden des Unternehmers oder seiner Beauf— 9
tragten, oder in dem eigenen Verschulden des Verunglückten oder b
in zufälligen, Niemanden zur Last fallenden Umständen ihren
Grund haben. g
Durch die Versicherung sollte nicht der volle Ersatz aller durch ;
den Unfall herbeigeführten Vermögensnachtheile gedeckt werden; es u
war vielmehr als genügend erachtet worden, dem Verunglückten
ausreichenden Unterhalt nach dem Maße seiner bisherigen wirth— d
schaftlichen Lage zu sichern. Ebenso wurde es für ungerecht und B
unbillig angesehen, den Hinterbliebenen eines durch einen Unfall de
Getödteten, neben den Kosten der Beerdigung, eine Entschädigung R
in der vollen Höhe des bisherigen Arbeitsverdienstes des Verun—
glückten zuzusprechen. di
Hinsichtlich der Frage, wie die Kosten aufzubringen seien, u
war zunächst der Grundsatz anerkannt, daß es mit dem bisherigen
Rechtszustande unvereinbar und als unbillig erachtet werden müsse,
die ganze Prämie dem Unternehmer bezw. dem Arbeitgeber aufzu—
bürden. Die Vertheilung der Versicherungsprämie zur Hälfte auf be
die Arbeitgeber und zur anderen Hälfte auf die Arbeiter wurde un
für billig, aus praktischen Gründen jedoch nur in beschränktem
Umfange für möglich erachtet. Durch die Unfallversicherung sollten
Unfälle gedeckt werden, die, nach dem bisherigen Rechte, bei Be—
dürftigkeit des Betroffenen der öffentlichen Armenpflege bezw. der B