Full text: Zweiter Band (2. Band)

174 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
unterzeichneten Entwurf eines Gesetzes ein, betreffend die Ent— 
schädigung bei Unfällen und die Unfallversicherung der Arbeiter.“) 
Dieser Entwurf erweckte den Anschein eines nochmaligen 
Versuches, die Unfallversicherung auf dem Wege der Erweiterung 
des Haftpflichtgesetzes, also auf dem Boden des Privatrechtes, zu 
lösen und dabei den Bestand der privaten Unfallversicherungs— 
anstalten zu erhalten. In Wirklichkeit bildete er jedoch nur die 
Bemäntelung der Thatsache, daß die linken Parteien den Wider— 
stand gegen die erste Vorlage der Regierung in den wesentlichsten 
Punkten aufgegeben hatten. Der 8 1 dieses Gesetzentwurfes ver— 
pflichtete den Unternehmer zur Entschädigungsleistung an den in 
dem Betriebe getödteten oder körperlich verletzten Arbeiter und 
Beamten und zur Sicherstellung der sich hieraus ergebenden Ver— 
pflichtung. Diese Sicherstellung sollte erfolgen „durch die von dem 
Unternehmer zu bewirkende Gesammtversicherung aller in seinem 
Unternehmen beschäftigten Arbeiter und Beamten bei einer zu 
diesem Zwecke vom deutschen Reiche zugelassenen Versicherungs— 
anstalt oder Genossenschaft“. Der Nachweis über die abgeschlossene 
Versicherung sollte bei der zuständigen Behörde zu führen sein. 
Von dieser sollte die Versicherung durch Geldstrafen erzwungen 
werden können. Damit war der von der Regierung gewollte 
Versicherungszwang als berechtigt anerkannt und der Wider— 
stand gegen ihn aufgegeben. Die durch das Haftpflichtgesetz fest— 
gestellte, auf privatrechtlicher Grundlage beruhende Verpflichtung 
zur vollen Entschädigung war gleichfalls aufgegeben worden; denn 
letztere sollte, wie in dem Entwurfe der Regierung, nur bestehen 
in dem Ersatz der durch das Heilverfahren entstandenen Kosten, in der 
Gewährung eines Sterbegeldes bezw. einer Rente, letzterer nur im 
Betrage eines Bruchtheiles des bisherigen Arbeitsverdienstes. Da 
der Unternehmer für alle Betriebsunfälle, ohne Ausnahme, 
Entschädigung gewähren sollte, so war nach alledem von dem 
Haftpflichtgesetz äußerst wenig mehr zu erkennen. Für die Ver— 
sicherungsanstalten bezw. Genossenschaften sollten durch Reichsgesetz 
Normativbestimmungen festgestellt werden. 
Ueber diesen Gesetzentwurf verhandelte der Reichstag in zwei 
Sitzungen am 18. und 19. Januar 1882.**) Der Bevollmächtigte 
) Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 
V. Legisl.-Periode, 1. Session 1881/82, Band 2, Anlage Nr. 66, S. 299. 
**) Ebendaselbst, S. 718 ff. 7483 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.