2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 375
in Betracht kommenden Lohnes als Rente gewähren, so würden
diejenigen Arbeiter, die früher in den Genuß der Rente traten,
durch Ersparung von Beiträgen einen erheblichen Vortheil vor den—
jenigen erlangen, die erst nach langjähriger Beitragszeit in den Genuß
der Vortheile des Gesetzes eintreten. — Dabei würde der weitere Nach⸗
theil zu beachten sein, daß junge Leute eine verhältnißmäßig zu hohe
Rente erhalten würden, ferner, daß der Anreiz, durch thunlichst
lange und regelmäßige Arbeit eine Erhöhung der Reute sich zu
erwerben, fortfiele, und daß die Aussicht auf die durch Ersparung
von Beiträgen zu erlangenden Vortheile einen starken Antrieb zu
Simulationen bieten möchte. Es gehört vielmehr zu den er—
ziehlichen Aufgaben des Gesetzes, die fortgesetzte treue
Verwerthung der noch vorhandenen Arbeitskräfte zu
fördern, daher empfehle sich die Abstufung für die Invalidenrente,
während die Altersrente, die mit einem bestimmten Lebensjahr
erlangt wird, einer solchen Abstufung nicht bedarf.“
Aus den Verhandlungen im Centralverbande wird zu ersehen
sein, daß dem Gesichtspunkte, die Arbeitswilligkeit der versicherten
Personen so lange als möglich zu erhalten, volle Würdigung zutheil
wurde.
Die Kosten der Alters- und Invalidenversicherung sollten,
nach dem Gesetzentwurf, vom Reich, von den Arbeitgebern und den
Arbeitnehmern zu je einem Drittel mit der Maßgabe aufgebracht
werden, daß das Reich zu den Verwaltungskosten nur insoweit
beitrage, als bestimmte, bei der Durchführung des Gesetzes, ins—
besondere durch die Mitwirkung der Postverwaltungen und des
Reichsversicherungsamtes entstehende Kosten aus öffentlichen Mitteln
zu tragen seien. Bei dieser Dreitheilung der Kosten war der Bei—
trag des Reiches besonders eingehend begründet. Das Gemein—
wesen, also das Reich, welches durch seine Gesetzgebung einer
großen allgemein verbindlichen, sittlichen Verpflichtung gerecht zu
werden suche, um die Fürsorge für den Fall des Alters und der
Invalidität der Arbeiter zu befriedigen und dadurch die gesammte
Erwerbs- und Gesellschaftsordnung zu schützen, habe ein unmittel—
bares und lebhaftes Interesse daran, daß dieser als berechtigt
erkannte Zweck auch wirklich erreicht werde. Dieses Interesse sei
ein allgemeines. Deshalb würde sich das Reich auch nicht damit
begnügen dürfen, lediglich die zunächst Betheiligten, nämlich Arbeit—
geber und Arbeitnehmer, zu Aufwendungen für den erstrebten Zweck