2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 389 
haben sein. Wenn die Sozialdemokratie beschuldigt würde, mit 
Gewalt gegen alle Einrichtungen zugunsten der Arbeiter gewesen 
zu sein, so sei das nicht wahr; „mit viel mehr Recht, als Sie uns 
diesen Vorwurf machen, könnten wir Ihnen sagen: Sie wollen ja 
die Arbeiterschutzgesetze nicht im Ernst. Die ganze Arbeiterschutz-— 
gesetzgebung ist Schwindel von Ihnen. Sie wollen die Arbeiter 
provoziren, daß sie zu Putschen greifen sollen, damit Sie sie nieder— 
werfen und ihnen soviel Blut abzapfen können, daß dieselben auf 
50 Jahre nicht mehr aufstehen könnten.“ Statt des wohlver— 
dienten Brotes werden den Arbeitern schließlich Steine geboten. 
Die Stellungnahme der kleineren Parteien darzulegen kann 
hier erübrigt werden. 
Die abfälligen Urtheile, besonders der linksliberalen Partei, 
kennzeichnete der Staatssekretär des Innern, Staatsminister 
von Bötticher,“) treffend, indem er sagte: „Es ist immer die 
Negative, die von dort aus uns entgegentritt, und die Versicherung, 
daß die Herren redlich und ernst mitarbeiten wollen, um etwas 
Brauchbares zustande zu bringen, kann nicht über den Eindruck 
hinweghelfen, daß das Bestreben dahin geht, jedes denkbar mögliche 
Material zusammen zu suchen, um die Vorlage von vornherein zu 
diskreditiren. Wäre die Absicht des Herrn Vorredners (des Ab— 
geordneten Rickert) darauf gerichtet, die Mängel der Vorlage zu 
beseitigen, etwaigen Fehlern in der Organisation, in dem Aufbau 
des Gesetzes, in seiner Durchführung abzuhelfen — dann, meine 
Herren, brauchte der Herr Vorredner diese Rede nicht zu halten. 
Allein ich rechne mit der Thatsache. Seine Rede war darauf ge— 
richtet, nach außen hin die Vorlage zu diskreditiren. Es ergiebt 
sich dies einmal daraus, daß er nicht allein die Arbeiter selbst vor 
den Wohlthaten gewarnt hat, die dieses Gesetz ihnen zuwenden will, 
vor Wohlthaten, die seiner Meinung nach andererseits von ihnen 
erkauft, aufgewogen werden sollen mit schweren Mißständen, sondern 
auch daraus, daß er die Unternehmer gewarnt hat, daß er die 
Kommune gewarnt hat, daß er die Landwirthschaft im Osten 
gewarnt hat vor dieser Vorlage. Schließlich, meine Herren, 
bleibt kaum noch ein Bestandtheil der wirthschaftlichen Kreise 
unseres Landes übrig, der an diesem Gesetze noch irgend eine 
*) Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 
VII. Legisl.-Periode, 4. Session 1888/89, Band 1, S. 227.