2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 409
Beurtheilung des Geistes, in dem der Centralverband an der
sozialpolitischen Gesetzgebung mitarbeite. Er habe bereits darauf
hingewiesen, daß der Centralverband durchaus nicht bestrebt sei,
dem Gang der Gesetzgebung in der vorliegenden Frage einen
Hemmschuh anzulegen. Dabei sei es aber durchaus nicht überflüssig,
der Oeffentlichkeit gegenüber klarzustellen, daß die Mitglieder des
Centralverbandes in der vollen Erkenntniß dessen, was sie auf
Grund der sozialpolitischen Gesetzgebung jetzt schon zu leisten hätten,
bereit seien, auch noch neue Lasten auf sich zu nehmen, freilich mit
einer gewissen Einschränkung, die er zu begründen haben werde.
Auf die Wiedergabe der in dieser Beziehung von dem Referenten
angeführten Zahlen kann verzichtet werden, da sie für die Gegen—
wart nur geringes Interesse haben. Sie waren theilweise auf Vor—
aussetzungen aufgebaut, die im Verlaufe der Zeit weit überholt
worden sind. So hatte Jencke beispielsweise berechnet, daß das
Werk, in dem er thätig sei — die Firma Fried. Kruppein
Essen — im Jahre 1935, also bis dahin steigend, für die Kranken-,
Unfall-⸗, Alters- und Invalidenversicherung 1095 700 Mark jährlich
zu zahlen haben würde. Dieser Rechnung hatte Jencke einen
Bestand von 20000 Arbeitern zugrunde gelegt. Am 1. April 1901
hat die Firma 42 254 Arbeiter beschäftigt.
Aus der für die damalige Zeit immerhin sehr bedeutenden
Belastung der Industrie durch die sozialpolitische Gesetzgebung,
glaubte der Referent mit voller Berechtigung die Frage herleiten
zu dürfen, ob es nöthig gewesen sei, die Renten weiter zu erhöhen,
oder ob man nicht auch jetzt sagen könne, daß die in dem ersten
Entwurf mit guten Gründen für ausreichend erachteten Renten
auch heute noch als genügend angesehen werden sollten. Er
wolle auch nichts anderes vorschlagen, als auszusprechen, daß der
Centralverband es für geboten erachte die Rentensätze einer erneuten
Revision zu unterziehen, um sie womöglich annähernd denjenigen
Sätzen gleichzustellen, welche die Regierung selbst in dem ersten
Gesetzentwurfe für ausreichend und richtig erachtet hatte.
Jencke hielt die Industrie für berechtigt diese Forderung zu
stellen im Hinblick auf den Umstand, daß vielfach verlangt worden
sei, durch die Ausgestaltung des Gesetzes eine künftige Erhöhung
der Leistungen zu ermöglichen. Dies werde aber nur bei der Fest⸗
stellung eines mäßigen Rentenbetrages durchführbar sein. Andererseits
müsse man sich vorhalten, daß die Minderung später als zu hoch