Full text: Zweiter Band (2. Band)

432 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
scheinen des Gesetzentwurfes am 17. November 1887 aufgenommen 
und sich von dieser Zeit bis zur Verabschiedung des Gesetzes durch 
den Reichstag unausgesetzt und ungemein eingehend mit dieser 
bedeutungsvollen sozialpolitischen Maßregel beschäftigt. Den maß— 
gebenden Stellen war kein Vorwurf daraus herzuleiten, daß sie im 
Verlaufe der gesetzgeberischen Behandlung dieser Sache ihre An— 
sichten und Entschließungen mehrfach geändert hatten, denn sie 
hatten sich auf einem neuen, vollkommen unbekannten Gebiet bewegt. 
Für die Regelung sehr bedeutungsvoller Fragen hatte es fast 
gänzlich an den erforderlichen zuverlässigen Grundlagen gefehlt. 
Der Centralverband hatte es nicht unterlassen zu den verschiedenen 
Ansichten der Regierung, die sich in den „Grundzügen“ und in 
zwei einander folgenden Gesetzentwürfen verkörperten, Stellung zu 
nehmen und seine Auffassungen und Wünsche in Bezug auf die 
Gestaltung des Gesetzes in sehr sorgfältig vorbereiteten Beschluß— 
anträgen Ausdruck zu geben. 
Die Arbeit des Centralverbandes ist nicht vergeblich gewesen, 
denn sie hat unverkennbar in wesentlichen Punkten die Gestaltung 
des Gesetzes beeinflußt; mehrfach sind seine Bestrebungen jedoch 
vergeblich oder nur von theilweisem Erfolge begleitet gewesen. 
Die Reichsversicherungsanstalt hatte der Centralverband nicht 
erreicht. Dem ernsten Widerstand desselben und seiner Mitglieder, von 
denen einige berufen waren in den Verhandlungen des preußischen 
Volkswirthschaftsrathes eine hervorragende Rolle zu spielen, war 
es aber zu danken, daß die Berufsgenossenschaften nicht zur 
Grundlage der Alters- und Invalidenversicherung gemacht wurden. 
Der Widerstand im Centralverbande gegen die von den „Grund— 
zügen“ vorgeschlagene Organisation war nicht aus irgend einer 
Voreingenommenheit gegen die Berufsgenossenschaften oder aus 
Mißachtung ihrer Thätigkeit hervorgegangen. Der Centralverband 
hatte sich aber überzeugt, daß die Berufsgenossenschaften in ihrer 
gesetzlich festgestellten Zusammensetzung und Organisation vollkommen 
durch die große Aufgabe in Anspruch genommen waren, die sie be— 
züglich der Unfallversicherung zu erfüllen hatten. Sie konnten 
daher nicht für geeignet erachtet werden, noch zu Trägern eines so 
gewaltigen und großartigen Unternehmens zu dienen, wie es die 
Alters- und Invalidenversorgung darstellte. 
Mit Errichtung der Landesversicherungsanstalten waren die 
Gesetzgeber dem von dem Centralverbande hinsichtlich der Orga—
	        
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