Full text: Zweiter Band (2. Band)

436 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
die Höhe der Renten betreffenden Forderungen hatte sich im 
übrigen die Industrie vollständig den Vorschlägen der Verbündeten 
Regierungen angeschlossen, die sich unbestreitbar von ganz ähnlichen 
Erwägungen hatten leiten lassen. Die Regierungen hatten jedoch 
nicht nur in diesen Fällen, sondern auch bezüglich anderer prinzipiell 
höchst bedeutungsvoller Bestimmungen, ihre wohlerwogenen ersten 
Beschlüsse in dem Bestreben aufgegeben, das Gesetz unter allen und 
jeden Umständen zu stande zu bringen. Das konnte aber nur 
geschehen unter Berücksichtigung der Strömungen, von denen die 
Mehrheit der Abgeordneten des Reichstages bewegt wurde, sobald 
Fragen zur Behandlung gelangten, die Bezug auf die Arbeiter, 
die Inhaber der meisten Stimmen im Reiche, hatten. 
Mit dem Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der 
Arbeiter vom 15. Juni 1883 hatte das große Werk begonnen, zu 
dem der unvergeßliche Kaiser Wilhelm J. das deutsche Volk durch 
seine, zu einer historischen That gewordenen Botschaft vom 
17. November 1881 verpflichtet hatte. Nach mühevollen Kämpfen 
war es gelungen, die in weiten Kreisen herrschenden, auf dem 
Prinzip des Gehenlassens beruhenden Lehren und Auffassungen 
zu überwinden und, bei Durchführung der Fürsorge für die 
Arbeiter, den Versicherungszwang als leitenden Grundsatz zur 
Anerkennung zu bringen. Auf diesen Grundsatz gestützt hatte mit 
dem Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, um— 
somehr ein ersprießlicher Anfang gemacht werden können, als, im 
Gegensatz zu den späteren Arbeiterversicherungsgesetzen, auf diesem 
Gebiete bereits umfassende Erfahrungen vorlagen, auf denen die 
Gesetzgebung hatte fußen können. 
Freilich enthielt das Gesetz gewisse Bestimmungen, die von 
der Industrie, gestützt auf ihre im praktischen Leben gesammelten 
Erfahrungen und ihre bessere Kenntniß der thatsächlichen Ver— 
hältnisse, bereits bei der Berathung des Gesetzes grundsätzlich, 
jedoch vergebens bekämpft worden waren. Denn bereits damals 
hatte sich im Reichstage eine Strömung Geltung verschafft, die es 
im Parteünteresse liegend erachtete, dem Verlangen der Arbeiter 
um jeden Preis das möglichste Entgegenkommen zu erweisen. Diese 
Strömung erstarkte von Jahr zu Jahr und hat bei der späteren 
sozialpolitischen Gesetzgebung, besonders bei der Ausgestaltung des 
Alters- und Invalidenversicherungsgesetzes, selbst in wichtigen
	        
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