Full text: Zweiter Band (2. Band)

468 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
krankenversicherung oder einer anderen, nach Maßgabe des Gesetzes 
errichteten Krankenkasse anzugehören, befreit sein sollten; es wurde 
vielmehr die Befreiung unbedingt ausgesprochen. Dem erwähnten 
Uebelstande der Bemessung des Krankengeldes nach dem ortsüblichen 
Tagelohn am Sitze der freien Hilfskasse hatte die Kommission durch 
Einschiebung eines zweiten Absatzes Rechnung getragen, lautend: 
„Tritt ein Mitglied einer eingeschriebenen Hilfskasse an einem anderen 
Orte in Beschäftigung, an welchem das Krankengeld der Mitglieder— 
klasse, der es bisher angehörte, hinter dem von der Gemeinde— 
krankenversicherung gewährten zurückbleibt, so ist dasselbe befreit, 
wenn binnen zwei Wochen die Versicherung in einer Mitgliederklasse 
mit ausreichendem Krankengeld nachgewiesen wird.“ In Bezug 
auf die Gewährung freier ärztlicher Behandlung und Arznei wurde 
dann noch hinsichtlich solcher Mitglieder einer freien Hilfskasse, die 
zugleich der Gemeindekrankenversicherung oder einer anderen gesetz⸗ 
lichen Krankenkasse angehörten, beschlossen, daß solche Mitglieder, 
da sie die vorerwähnten Naturalleistungen bereits von der auf 
Grund des Gesetzes errichteten Kasse bezögen, an Stelle der freien 
Behandlung und Arznei von ihrer Hilfskasse eine Erhöhung des 
Kraͤnkengeldes um , des Betrages des ortsüblichen Tagelohnes 
ihres Beschäftigungsortes beanspruchen könnten. 
Die in der bevorzugten Ausnahmestellung der sog. freien 
Hilfskassen liegenden Uebelstände und Gefahren waren im Verlaufe 
der Zeit immer deutlicher hervorgetreten. Die Industriellen hatten 
erkannt, daß jene Kassen fast durchweg sozialdemokratische 
Bildungen waren und als Pflanzstätten und Erziehungs— 
anstalten der Sozialdemokratie wirkten. Dazu kam, daß 
jene Begünstigungen auf die Entwickelung der auf Grund des Ge— 
setzes organisirten Zwangskassen, besonders der Orts- und Betriebs— 
krankenkasse, einen höchst ungünstigen Einfluß ausübten. Die Be⸗ 
rechtigung kränkliche, schwächliche und alte Arbeiter von der Kasse 
auszuschließen und die weit geringere Verpflichtung bezüglich der 
Leistungen, ermöglichten es den Hilfskassen, die Beiträge, trotzdem 
sie von den Mitgliedern allein aufzubringen waren, sehr niedrig 
zu halten. Denn es muß im Auge behalten werden, daß die 
freien Hilfskassen durch das um des ortsüblichen Tagelohnes 
erhöhte Krankengeld wesentlich weniger belastet wurden als die 
gesetzlichen Zwangskassen durch die Naturalleistung von ärztlicher 
Behandlung, Arznei und anderen Heilmitteln. Die niedrigen Bei—
	        
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