2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 543
aufrecht zu erhalten. Der Redner bemängelte dann die Be—
stimmung in 890, welche im Falle von Meinungsverschiedenheit
zwischen zwei Spruchkammern im Reichsversicherungsamt dem
Präsidenten desselben die Ermächtigung ertheilt, den in diesem
Falle entscheidenden Senat zu ernennen. Trotz seines großen Ver—
trauens zu der Person des gegenwärtigen Präsidenten des Reichs—
versicherungsamts scheine ihm diese diskretionäre Gewalt doch zu
weit zu gehen.
Hierauf wurde die Erörterung von dem Vorsitzenden ge—
schlossen. Nach einigen gegen die Einwendungen des Vorredners
gerichteten Bemerkungen des ersten Referenten Direktor Dittmar
wurden die von dem zweiten Reserenten Dr Veumer
vorgelegten Beschlußanträge theils einstimmig, theils
gegen nur wenige Stimmen angenommen. Den mehr er—
wähnten Schlußsatz hatte der Referent bereits vor der Abstimmung
zurückgezogen. Zum Schlusse richtete der Vorsitzende, Reichsrath
von Haßler an die Versammlung die solgenden Worten Ich
schließe die heutige Delegirtenversammlung mit herzlichem Dank
zunächst an unsere verehrten Gäste, von denen Herr Präsident
Bödiker und Herr Geheimrath Werner noch anwesend sind, für
die Ausdauer, die Sie bei dieser Gelegenheit bewiesen und für das
Interesse, welches Sie für unsere Berathungen an den Tag gelegt
haben. Ich zweifle gar nicht, meine Herren, daß die Anregungen
die heute in unserer Mitte, sei es nun von Seiten der Herren
Referenten oder unserer sonstigen Mitglieder, zu Tage getreten sind,
bei den hohen Reichsbehörden, sowohl im Reichsamt des Innern,
als im Reichsversicherungsamt, die möglichste Berücksichtigung finden
werden. Wir haben verzichtet über die zur Abänderung der Unfall—
versicherungsgesetze gestellten besonderen Anträge förmlich abzu—
stimmen. Nach dem Vorgange anderer Körperschaften, namentlich
auch des Handelstages, legen wir im allgemeinen keinen sehr
großen Werth auf Abstimmungen, namentlich insofern nicht eine
vollständige Uebereinstimmung der Ansichten stattfindet. Wo Kontro—
versen entstehen, wo verschiedene Meinungen auftreten, namentlich
da, wo die Ansichten halb und halb getheilt sind, haben wir von
jeher den Grundsatz befolgt: non liquet, und haben es nicht auf
eine Abstimmung mit vielleicht zufälliger Majorität ankommen
lassen, sondern es für geeignet erachtet, die Sache einfach zu
Protokoll zu nehmen und dann den Stellen, welche die Entscheidung