Full text: Zweiter Band (2. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 559 
Der besonders in Betracht kommende Absatz 1 des 863 des 
bestehenden Gesetzes gewährte beiden Parteien das Recht der Be— 
rufung an das Reichsversicherungsamt in einer Frist von 4 Wochen 
nach erfolgtem Spruche des Schiedsgerichts. Die Berufung sollte 
keine aufschiebende Wirkung haben. Dieser letzte Satz war von der 
Kommission des Reichstages geändert worden. Der Rekurs sollte 
aufschiebende Wirkung insoweit haben, als es sich um Beträge 
handele, die für die Zeit vor dem Erlaß der angefochtenen Ent— 
scheidung nachträglich gezahlt werden sollten. Hieran hatte jedoch 
die Kommission einen neuen Absatz 2 gefügt, lautend: „Die Frage, 
ob und in welchem Grade eine Verminderung der Erwerbsfähigkeit 
eingetreten ist oder fortbesteht, oder ob die Berechnung des Jahres— 
arbeitsverdienstes auf einer tatsächlichen Unrichtigkeit beruht, kann 
nicht zum Gegenstand des Rekurses gemacht werden.“ Gegen diese 
bedeutungsvolle Aenderung legte der Centralverband entschieden 
Verwahrung ein. 
Im Laufe der schiedsgerichtlichen Mitwirkung bei der Unfall— 
versicherung war beobachtet worden, daß bei den Schiedsgerichten 
bezüglich der Frage, in welchem Maße die Erwerbsfähigkeit 
des Versicherten durch einen erlittenen Unfall dauernd beein— 
trächtigt werde, das subjektive Ermessen der Schiedsrichter zu ver— 
schiedenen leitenden Grundsätzen, demgemäß zu wesentlich ver— 
schiedenen Ergebnissen und somit zu von einander abweichenden 
Entscheidungen geführt habe. Das Vorkommen solcher Abweichungen 
würde auf diesem so überaus bedeutungsvollen Gebiet zu einer 
in hohem Grade nachtheiligen Verschiedenheit der Rechtsprechung 
geführt haben, wenn nicht in den Entscheidungen des Reichs— 
versicherungsamtes immer wieder die leitende Richtung, der Maßstab 
für die Beurtheilung der zur Entscheidung vorliegenden Fragen 
gegeben worden wäre. Diese ausgleichende und regelnde Wirksam— 
keit des Reichsversicherungsamtes als oberster Spruchbehörde hatte 
eine besondere Bedeutung auch dadurch erlangt, daß sie nicht auf 
die schweren Fälle beschränkt war, bezüglich deren sich leichter eine 
Uebereinstimmung der Ansichten ausbilden konnte, sondern daß sie 
sich auf alle, auch die kleinsten, die Mehrzahl bildenden und die 
größten Verschiedenheiten zeigenden Fälle erstreckte. In gänzlicher 
Verkennung der Bedeutung dieser obersten Rechtsprechung sollte 
diese bezüglich der wichtigen Frage, in welchem Grade eine Ver— 
minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten sei oder fortbestehe,
	        
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