574 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
daß ihm der Antrag zuerst sympathisch gewesen sei, daß er aber
bei näherer Betrachtung doch die Ueberzeugung gewonnen habe,
daß seine Anschauung eine grundfalsche gewesen sei: „Denn
einmal“, so fuhr der Minister fort, „sind die Punkte, welche der
Herr Abgeordnete Rösicke die Güte gehabt hat, aus unserer Vor—
lage in seinen Antrag zu übernehmen, keineswegs die reform—
bedürftigsten und dringendsten; und in dieser Beziehung tröstet
mich auch nicht der Umstand, daß der Herr Abgeordnete Richter
ja schon gütigst in Aussicht gestellt hat, man könnte ja auch bei
Berathung des Antrags Rösicke über den Kreis dessen, was darin
geboten wird, hinausgehen und könne noch weitere nützliche und
sofort zu erledigende Fragen in den Antrag einfügen. Allein ich
gebe der Auffassung recht, die mir gestern im Privatgespräch ent—
gegengetreten ist! „Mit dem Antrag Rösicke nehmen Sie die
Korinthen aus dem Platz“*). (Heiterkeit!)
„Ja, was ist aber die Folge, wenn Sie diese Korinthen aus
dem Platz nehmen? —: Daß dann das andere um so weniger
schmackhaft ist. (Heiterkeit) Wenn der Herr Abgeordnete Richter
gar nicht zu Unrecht gemeint hat, die Opposition gegen den Antrag
Rösicke beruhe auch darauf, daß man das, was der Herr Ab—
geordnete Rösicke vorweg nehmen will, dann als Vorspann be—
nutzen will für andere Dinge, so ist das einmal ein ganz erlaubtes
Procedere; aber selbst, wenn man es verwerflich finden wollte,
wird man mir doch zugeben müssen, daß, wenn man jetzt die
Korinthen aus dem Platz nimmt, das übrige seiner Erledigung
in absehbarer Zeit nicht entgegengeführt werden wird. Es ist bei
einer solchen Gesetzgebung von der Bedeutung, wie unsere In—
validitätsgesetzgebung ist, durchaus nothwendig, daß, wenn man
einmal an eine Korrektur geht, man sich auch gründlich und um—
fassend überlege: was ist an dem Gesetz zu verbessern, wie habe
ich es einzurichten? —, und daß man nicht stückweise herausgreift,
und das andere liegen läßt in der Hoffnung, daß sich später ein—
mal eine Uebereinstimmung über jetzt noch strittige Fragen er—
geben wird.“
Leider hat die Regierung diese weise Politik des Herrn
Staatsministers von Boetticher, wie beispielsweise bei der letzten
Aenderung des Krankenkassengesetzes, sich nicht zur Richtschnur
*) Platz, ein am Niederrhein sehr beliebtes kuchenartiges Gebäck.