618 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
er sich doch berufen dürfe, bei der Invaliditätsversicherung keine
Bedenken dagegen haben würde, daß Mbeitervertreter schon jetzt
hinzugezogen und event. auch bei den zu treffenden Aenderungen
wieder hinzuzuziehen sein würden. Wenn gegen die hier
geplante Neuerung die sozialdemokratische Bewegung angeführt
werde, so glaubte er, daß der Centralverband mit demselben Recht
und mit derselben Begründung jeden weiteren Ausbau der sozial—
politischen Gesetzgebung ablehnen müsse. Die Mitglieder würden
sich aber nicht auf den Standpunkt stellen wollen, einen vollstän—
digen Stillstand der sozialpolitischen Gesetzgebung für wünschenswerth
zu erachten und herbeizuführen. Er wolle kein hastiges und sprung—
weises Fortschreiten der sozialpolitischen Gesetzgebung, aber auch
keinen Stillstand. Er befürworte einen maßvollen, ruhigen Ausbau
der sozialpolitischen Gesetzgebung innerhalb derjenigen Grenzen, die
von der gegenwärtigen Regierung angestrebt werden. Innerhalb
dieser Grenzen sollte der Centralverband einen weiteren Ausbau der
sozialpolitischen Gesetzgebung gutheißen.
Der Referent Bueck ersuchte die Versammlung, dem Antrage
des Dr. Kauffmann nicht Folge zu geben. Dessen Begründung
würde er vollständig unterschreiben, wenn man sich nicht in Deutschland
befände, wo die letzten Reichstagswahlen das erneute Anwachsen der
Sozialdemokratie gezeigt hätten. Sie sei bereits mit 57 ihrer Mit—
glieder im Reichstage vertreten. Seine Ansicht habe er bereits dahin
ausgesprochen, daß alle Maßregeln auf sozialpolitischem Gebiete nur
mit Rücksicht auf die große, in der sozialdemokratischen Bewegung
liegende Gefahr getroffen werden sollten, die immer näher rücke.
Der Referent verwies, wie er bereits mehrfach gethan, darauf, daß
er die von der Sozialdemokratie ausgehende Gefahr nicht in dem
Umsturz des Staates und der bestehenden Gesellschaft erblicke; damit
habe es gute Wege. Aber die Gefahr nehme zu, daß die Sozial—
demokratie mit immer größerer Gewalt störend in das Wirthschafts—
und Arbeitsleben eingreife und deshalb müßten die hier in Rede
stehenden Maßregeln vom Centralverbande bekämpft werden. Er
behauptete ferner, daß jeder Streik von der Sozialdemokratie ge—
wissermaßen wie ein Manöver ausgenutzt werde und jede Wahl eine
Heerschau ihrer Truppen sei. Je mehr derartige Gelegenheiten der
Sozialdemokratie geboten würden, desto mehr werde sie in den Stand
gesetzt, ihre Organisation zu vervollständigen. Der Abgeordnete Graf
Limburg-Stirum habe im Abgeordnetenhause damit ganz recht