2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 747
mn macht, wenn sie selbst sie veröffentlichte und die Kritik heraus—
er forderte, als wenn sie es darauf ankommen läßt, ob das sozial—
d demokratische Blatt diese Publikation vollziehen werde.“
„Nach früheren Erfahrungen muß das auch diesmal beliebte
Verfahren ziemlich unbegreiflich erscheinen; verständlicher wird es
n allerdings, wenn man annimmt, daß die den Landräthen u. s. w.
gestellten Fragen nur ein Versuchsballon sein sollen, und man
t diesen Fragen einige Schaumünzen zu dem Zwecke beigefügt hat,
die Aufmerksamkeit auf sie hinzulenken, damit das durch sie Gebotene
an jenem Widerspruch scheitern möge, der von sozialdemokratischer
und sonstiger alleweil „volks“-freundlichen Seite zu erwarten steht.“
„Vorläufig fällt es nach allem Vorangegangenen nämlich
4 überaus schwer, daran zu glauben, daß die gegenwärtige Reichs—
regierung allen Ernstes gewillt sein sollte, den Kampf gegen die
Sozialdemokratie auf dem Gebiete des Krankenkassenwesens auf—
zunehmen.“
Der öffentlichen Erörterung und den verschiedenen Auf—
fassungen war ausgiebige Zeit gelassen worden sich zu bethätigen.
Offenbar war es der Regierung, mit Rücksicht auf die eingelaufenen
Berichte über die Gestaltung der thatsächlichen Verhältnisse und auf
e die Strömung in der öffentlichen Meinung, ungemein schwer
l geworden, ihre Entscheidung zu fassen. Erst unter dem 19. Februar
ß 1903 unterbreitete sie dem Reichstage den „Entwurf eines Gesetzes,
betreffend weitere Aenderungen des Krankenversicherungsgesetzes“.*)
Der Entwurf brachte als Hauptsache die Ausdehnung der
Krankenfürsorge für durch Krankheit Erwerbsunfähige von dreizehn
3 auf sechsundzwanzig Wochen, die Erstreckung der Unterstützung für
Wöchnerinnen von vier auf sechs Wochen und die Gleichstellung
Geschlechtskranker mit den übrigen Kranken hinsichtlich der ihnen
zu gewährenden Leistungen.
Eine wesentliche Voraussetzung für diese gesetzgeberische Maß—
regel war für die Regierung die Prüfung der Frage gewesen, ob
durch die höheren Leistungen die Leistungsfähigkeit der Kassen und
damit deren Bestand in Frage gestellt werden könnte. In dem
allgemeinen Theil der Begründung war angeführt, daß bei der den
) Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags,
X. Legisl.-Periode, 2. Session 1900/1903, 8. Anlageband Nr. 870, S. 53823.