Full text: Dritter Band (3. Band)

2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 159 
hatten in allen das wirthschaftliche Leben ihres Bezirkes berührenden 
Fragen das Arbeitsamt mit Rath und That zu unterstützen. Ins— 
besondere sollte ihnen die Untersuchung zustehen über die Wirkung 
von Handels- und Schiffahrtsverträgen, Zöllen, Steuern und 
Abgaben, über die Lohnhöhe, Lebensmittel- und Miethspreise, 
Konkurrenzverhälmisse, Fortbildungsschulen und gewerbliche An— 
stalten, Modell- und Mustersammlungen, Wohnungszustände, Ge— 
sundheits- und Sterblichkeitsverhältnisse der arbeitenden Be— 
völkerung. Sie sollten ferner Beschwerden über Mißstände im 
gewerblichen Leben zur Kenntniß der bezüglichen Behörden bringen, 
Gutachten über Maßregeln und Gesetzentwürfe abgeben, die das 
wirthschaftliche Leben ihres Bezirks berührten. Endlich sollten sie 
die Berufungsinstanz wider die Urtheile der Schiedsgerichte bilden. 
Die Arbeitskammern sollten ferner berechtigt sein für die in ihrem 
Bezirk beschäftigten Arbeiter und Hilfspersonen Minimallöhne fest— 
zusetzen und Beschwerden über die festgesetzten Minimallöhne zu er— 
ledigen. Den Vorsitz in der Arbeitskammer sollte der Arbeitsrath 
und in dessen Behinderung einer seiner Hilfsbeamten führen. Er 
sollte verpflichtet sein die Arbeitskammer monatlich mindestens ein— 
mal einzuberufen. Zur erstinstanzlichen Entscheidung von Streitig— 
keiten zwischen Unternehmern und Arbeitern sollte die Arbeitskammer 
aus ihrer Mitte Schiedsgerichte bilden, welche aus je zwei Unter— 
nehmern und zwei Arbeitern beständen. Den Vorsitz in diesem 
Schiedsgerichte sollte der Arbeitsrath oder einer seiner Hilfsbeamten 
führen. Es folgten dann die Bestimmungen über die Zusammen— 
setzung und die Geschäftsfähigkeit des Schiedsgerichts und über die 
Berufung an die Arbeitskammer. Der Artikeb V enthielt eine große 
Reihe von Strafbestimmungen. 
Der das Koalitionsrecht betreffende 8 152 der Gewerbeordnung 
sollte folgende Fassung erhalten: „Alle Verbote und Strafbestimmungen 
gegen Unternehmer und Hilfspersonen wegen Verabredungen und 
Vereinigungen zum Behufe der Erlangung günstigerer Lohn- und 
Arbeitsbedingungen, insbesondere mittelst Einstellung der Arbeit 
oder Entlassung der Arbeiter und Hilfspersonen sind aufgehoben.“ 
An Stelle des aufzuhebenden 8 154 sollte nachstehende Bestimmung 
gesetzt werden: „Unternehmer und Arbeiter und Hilfspersonen können 
zur Förderung ihrer Interessen in Vereinigungen zusammentreten. 
Insoweit diese Vereinigungen den Zweck haben: a) die Lohn- und 
Arbeitsverhältnisse zu regeln; b) Fachschulen und Bibliotheken zur
	        
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