164 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller.
Der Abgeordnete Hitze hatte beantragt im Falle der Ab—
lehnung des Artikels II der Anträge Dr. Lieber einen besonderen
Gesetzentwurf, betreffend die Arbeitszeit in Textilfabriken, an—
zunehmen. Danach sollte die Arbeitszeit in diesen Fabriken die
Dauer von elf Stunden nicht überschreiten. Der Bundesrath sollte
ermächtigt sein für eine bestimmte Frist die Arbeitszeit in Spinnereien
auf zwölf Stunden zu erhöhen. Er sollte verpflichtet sein dazu
die nachträgliche Genehmigung des Reichstages einzuholen. An
dem Tage vor Sonn- und Feiertagen sollte die Arbeitszeit um eine
Stunde gekürzt werden. Sie sollte nicht vor 55. Uhr Morgens
beginnen und nicht über 8/, Uhr Abends dauern. Es waren ferner
Bestimmungen getroffen über die Pausen und die Ueberwachung
dieser und der Arbeitszeiten. Alle diese Bestimmungen sollten keine
Anwendung finden auf Arbeiten, welche der eigentlichen Fabrikation
als Hilfsarbeiten vor- oder nachzugehen hätten. Dazu sollten auch
gehören Reparaturen, Putzen und Packen, ferner von der Witterung
abhängige Arbeiten und solche, die nothwendig seien, um das Ver—
derben der Stoffe oder das Mißlingen der Arbeitsvorgänge zu ver—
meiden. Die 88 7—11 sahen eine Reihe von Ausnahmen vor.
Es sollte, unter gewissen Voraussetzungen und Umständen, für
kürzere oder längere Zeit, eine Vermehrung der Arbeitsstunden ent—
weder von der Ortspolizeibehörde oder der höheren Verwaltungs—
behörde genehmigt werden können.
Der Antrag Lohren bezog sich auf den 8 136 Absatz 4 der
Gewerbeordnung und verlangte, daß weibliche Personen in Fabriken
weder an Sonn- und Festtagen noch zur Nachtzeit zwischen 82/, Uhr
Abends und 51, Uhr Morgens sollten beschäftigt werden können.
In dem fünften Absatz des 8 136 sollte angeordnet werden, daß
Kinder, jugendliche Arbeiter und weibliche Personen an Sonn—
abenden und an den Tagen vor Festtagen nach 51, Uhr nicht
sollten beschäftigt werden.
Diese Anträge wurden in drei Sitzungen des Reichstages, am
2., 3. und 4. Dezember 1885 erörtert. Der Reichskanzler betheiligte
sich an diesen Verhandlungen nicht. Sie endeten mit der Ueberweisung
der Anträge an eine Kommission von achtundzwanzig Mitgliedern.“)
Diese im Reichstage eingebrachten, die Aenderung der Gewerbe—
ordnung betreffenden Anträge standen auf der Tagesordnung des
*) Sten. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags,
VI. Legisl.-Periode, 2. Session 1885/86, 1. Band, S. 164 2117.