2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 205
Damit trat auch allmählich eine Aufbesserung der Löhne ein.
Unter den dargelegten Umständen mußte es jedoch gerechtfertigt
und menschlich erscheinen, daß die Zechenverwaltungen nicht sofort
die Löhne in gleichem Verhältniß zu den steigenden Preisen des
Erzeugnisses erhöhten, sondern bestrebt waren, zunächst einigen
Ersatz für die schweren Verluste der Vergangenheit zu schaffen.
Das wurde von den Arbeitern nicht anerkannt. Die Zechenver—
waltungen waren aber sofort bereit in dieser Beziehung nachzugeben.
Zwar wurde von ihnen die achtstündige Schicht einschließlich der
Ein- und Ausfahrt unbedingt abgelehnt, dagegen einstimmig
beschlossen, „daß jede einzelne Grubenverwaltung des Bezirkes bereit
und entschlossen sei, den Arbeitern, wenn sie die Arbeit wieder auf—
genommen haben würden, erhöhte Löhne zu bewilligen, daß aber für
diese feierliche Zusage das volle Vertrauen beansprucht werde, welches
dem Ernste und den Schwierigkeiten der Lage entspreche“.
Die Verständigung zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern
war wesentlich erschwert worden durch das Eingreifen von Be—
hörden und Unbefugten, besonders durch Verhandlungen die mit den
sogenannten Kaiser-Deputirten von Abgeordneten in Berlin, zu denen
auch der Vorsitzende der Vereinigung der Arbeitgeber im Ruhr—
revier, Dr. Hammacher, gehört hatte, sicher in gutem Glauben und
in bester Absicht, aber ohne vorherige Verständigung mit den Zechen—
verwaltungen geführt worden waren. Zu dem in diesen Verhand—
lungen aufgestellten Programm nahm der die gesammten Zechen—
verwaltungen umfassende Vorstand des Vereins zur Wahrung der berg—
baulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund am 18. Mai
Stellung. Trotzdem die Arbeit am 16., 17. und 18. Mai theilweise be—
reits wieder aufgenommen war, erneute der Vorstand die Zusicherungen
der Zechenverwaltungen, in deren Folge eine am 19. Mai in
Bochum abgehaltene Versammlung der Arbeiterdelegirten die
Wiederaufnahme der Arbeit für den 21. Mai empfahl.
Ein wesentlich durch das sogenannte Berliner Programm
herbeigeführtes Mißverständniß über die Schichtdauer und die
dieses Mißverständniß benutzende verhetzende Thätigkeit der Agi—
tatoren und ihrer Presse hatten den nochmaligen Ausbruch des Streiks
zur Folge. Die erneute Bewegung scheiterte aber an der festen Haltung
der Arbeitgeber. Die Arbeit wurde sehr bald wieder aufgenommen, und
der Streik, der nach den verschiedensten Richtungen schwere Schädi—
gung bereitet hatte, war im Anfang des Monats Juni beendet.