2. Abschnitt: Arbeit des Centralverbandes. B. Sozialpolitik. 213
Branchen derselben. Er ist also verpflichtet, seinerseits die Ver—
hältnisse genau und umfassend zu prüfen, ehe er ein Votum ab—
giebt. Aber auch dieser Centralverband hat sich in keiner Weise,
wie das vielfach behauptet wird, ablehnend verhalten gegen die
Fortbildung des Arbeiterschutzes seit 1878; er hat sich lediglich
ablehnend verhalten gegen die formulirten Anträge, die uns heute
beschäftigen; er hat aber ausdrücklich anerkannt, daß es nicht blos
wünschenswerth, sondern sogar ein Bedürfniß sei, auf gewissen
Gebieten die Frauenarbeit noch weiter einzuschränken und die
Kinderarbeit abzuschaffen. Er hat sich im wesentlichen auf den
Standpunkt gestellt, den ich heute vertrete, und den ich, wie ich
wiederhole, in früheren Zeiten unter Zustimmung der großen Mehr—
heit dieses Hauses, vertreten habe. Auch in Bezug auf den
Sonntag ist der Centralverband unseren Anschauungen bedeutend
entgegengekommen. Er hat ausdrücklich anerkannt — ich habe mir
das hier notirt —, „daß die Arbeit an Sonn- und Festtagen,
welche lediglich dem Zweck der Vermehrung der regelmäßigen Pro—
duktion dient, für unzulässig zu erachten sei“. Allerdings hat der
Centralverband gleichzeitig erklärt, daß eine gesetzliche Regelung
nicht wünschenswerth sei, sondern daß Polizeivorschriften auf diesem
Gebiete genügen. Das ist aber meiner Auffassung nach nur eine
Differenz im Detail; im Prinzip, glaube ich, ist es durchaus an—
zuerkennen und sollte nicht in der Weise, wie das vielfach geschieht,
getadelt werden, wenn der Centralverband Deutscher Industrieller,
also gewissermaßen die deutsche Industrie in ihrem berufenen Organ,
erklärt: wir verwerfen die Sonntagsarbeit zur Vermehrung der
Produktion, — also mit anderen Worten: wir halten sie nur da
für zulässig, wo sie durch die Natur der Verhältnisse ganz unver—
meidlich ist, aber nicht zur Vermehrung des Gewinnes für Arbeiter
und Arbeitgeber.“)
Ueber diese Vorgänge berichtete der Geschäftsführer des Central—
verbandes in der Sitzung des Ausschusses am 14. Dezember 1889.
Er sprach sowohl dem Abgeordneten Dr. Websky sowie dem Ab—
geordneten Freiherrn von Stumm warmen Dank dafür aus, daß
sie durch ihre sachgemäßen Ausführungen dazu beigetragen hätten,
die Legende von dem Widerstande der Großindustrie beziehungsweise
*) Sten. Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags,
VII. Legisl. Periode, 5. Session 1889,90, 1. Band, S. 479.